Verteidigung Verteidigung: EU-Ausländer für die Bundeswehr

Berlin - Die Formulierungen haben ihre eigene poetische Qualität. Da ist die Rede von der „konzeptionellen Dokumentenlandschaft“ des Verteidigungsministeriums, von „aktivem Vielfaltsmanagment“ und „personalstrukturrelevanten Fähigkeiten“. Es ist die Sprache der Unternehmensberater, die da nun auch einzieht in die Bundeswehr. Es verwundert nicht – Staatssekretärin Katrin Suder kommt aus dieser Branche.
Mit ihrer Hilfe hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen nun eine neue Personalstrategie für die Bundeswehr erstellen lassen. Der Bundeswehr mit seinen derzeit 240000 zivilen und militärischen Stellen geht das Personal aus. Nach der faktischen Abschaffung der Wehrpflicht muss die Bundeswehr schließlich um Nachwuchs werben wie andere Unternehmen. Außerdem, so hat man im Haus nun festgestellt, sind in nicht mal 15 Jahren, im Jahr 2030 nämlich, die Hälfte der derzeit Beschäftigten in Rente. Und zu den 177000 Soldaten sind in den nächsten sieben Jahren nach Berechnungen des Ministeriums 14300 weitere nötig.
Neue Werbekampagne gibt es bereits
Zeit für neue Überlegungen also. Eine neue Werbekampagne gibt es bereits, inklusive Internet-Video-Serie „Die Rekruten“ in Reality-TV-Optik, mit schnellen Schnitten, drängender Musik und reißerischen Einblendungen wie „Wirst auch Du an Deine Grenzen kommen“. Im Unternehmensberaterjargon läuft das unter der Überschrift: Darstellung der Bundeswehr als „einzigartige Arbeitgebermarke“. Zudem sollen Heimarbeit, Teilzeitmodelle und die Karriere von Frauen besser gefördert werden.
Nach Einschätzung von von der Leyen und Suder ist aber noch mehr nötig, um ausreichend Personal für die Truppe finden zu können. Künftig sollen deswegen auch über 30-Jährige noch Soldat werden können. Auch beim Thema Schul- oder Studienabschluss will man nicht mehr so genau hinschauen, wenn ein Bewerber „über geeignetes Potenzial“ verfügt. Ein Hauptschulabschluss, der bisher Mindestvoraussetzung ist, soll als künftig nicht mehr zwingend nötig sein. Die im Vorfeld umstrittenste Änderung: Auch Bürger anderer EU-Staaten sollen bei der Bundeswehr anheuern dürfen. Der Bundeswehrverband hatte dies wegen des „besonderen gegenseitigen Treueverhältnisses von Staat und Soldat“ bislang abgelehnt.
Herkunft steht nicht im Mittelpunkt
Das Ministeriums argumentiert dagegen so: „Das individuelle Potenzial der Menschen mit Freude am Dienst für die Gesellschaft steht dabei im Mittelpunkt, nicht ihre Herkunft, ihr Lebensalter oder ihr Bildungsstand.“ Bei der Öffnung für EU-Bürger ist allerdings noch etwas Zurückhaltung dabei. Sie ist in dem Papier lediglich als Prüfauftrag formuliert.
Von der Opposition gab es Kritik: Die Vorschläge seien „in erster Linie hilflos“, sagte die Grünen Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es zeige sich „dass die von der Verteidigungsministerin groß angekündigte Personalaufstockung angesichts des demografischen Wandels viel zu hochgegriffen und unrealistisch ist“.