Verdienste um Wiedervereinigung Verstorbener FDP-Politiker Genscher wird mit Staatsakt geehrt

Berlin - Vielen ist noch in Erinnerung, wie sich Guido Westerwelle im Dezember 2013 aus dem Auswärtigen Amt verabschiedete. Mit einer richtig guten Rede im Weltsaal des Ministeriums, die mit einem fröhlichen „Auf Wiedersehen“ zu Ende ging. Es wurde nichts daraus. Statt dessen stand im selben Saal am Montag ein Porträtfoto in schwarz-weiß, geschmückt mit einem schwarzen Trauerband.
Nach dem großen Gottesdienst am Samstag in Köln, wo Angela Merkel eine bewegende Rede hielt, und der anschließenden Beerdigung gab es nun noch eine Gedenkfeier in Berlin. Auf Einladung des Auswärtigen Amts, der FDP und der Westerwelle-Stiftung kamen mehr als 700 Trauergäste zusammen - viel Prominenz aus Diplomatie und Politik, aber auch Westerwelles Mann Michael Mronz und sein Bruder Kai.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier lobte seinen Vorgänger, der auch sein Nachfolger war, als Politiker mit großer „menschlicher Sensorik“. „Er war sensibel. Er war verletzlich. Auch wenn er das vor den allermeisten verstecken konnte.“ Der SPD-Politiker rief auch in Erinnerung, dass sich der FDP-Mann im Auswärtigen Amt Vertrauen und Respekt habe hart erarbeiten müssen. „Aber er hat es geschafft.“
Persönlichkeit des öffentlichen Lebens
Steinmeier ging dann auch auf den anderen ehemaligen FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher ein, der am Donnerstagabend - obwohl 35 Jahre älter - zwei Wochen nach Westerwelle gestorben war. Auch die beiden anderen Trauerredner, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und FDP-Chef Christian Lindner, zogen Parallelen.
Im Unterschied zu Westerwelle wird Genscher allerdings einen Staatsakt bekommen - als „Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die sich um das deutsche Volk hervorragend verdient gemacht hat“. Das war so schon seit dem Wochenende bekannt. Mit der offiziellen Bekanntgabe wartete Bundespräsident Joachim Gauck, bis die Trauergemeinde im Auswärtigen Amt am Montag auseinander war.
Trauerfeier nah am Staatsakt
Die ungleiche Behandlung fällt aber auf. Nach anderthalb Jahrzehnten wird Genscher der erste „Nur-Minister“ sein, der wieder mit einem Staatsakt zu Grabe getragen wird. Zuletzt wurde diese Ehre 2000 dem langjährigen Landwirtschaftsminister Josef Ertl (ebenfalls FDP) zuteil. Etwas später beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung, dass es Staatsakte im Prinzip nur noch für ehemalige Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Bundestagspräsidenten gibt.
So wurde das seither auch praktiziert. Auch für Westerwelle, der als Außenminister und Vizekanzler protokollarisch Genscher gleichstand, gab es keine Ausnahme. Die Trauerfeier am Samstag in Köln - mit Bundespräsident, Bundeskanzlerin und vielen anderen prominenten Gästen - war aber nah an dem, was einen Staatsakt ausmacht. Was fehlte: schwarz-rot-goldene Flaggen, die Bundeswehr-Soldaten am Sarg und die Nationalhymne.
Verdienste um die Wiedervereinigung
Am Rande von Westerwelles Beerdigung gab es auch Gespräche darüber, wie Genscher zu Grabe getragen werden soll. Die Entscheidung trifft in solchen Fällen nicht der Bundespräsident allein, sondern gemeinsam mit der Bundesregierung. Schließlich entschied man sich dafür, Genscher als Zeichen des größtmöglichen Danks der Bundesrepublik mit einem Staatsakt zu ehren. Termin und Ort sollen erst in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Viel spricht für Bonn, wo Genscher seine politische Karriere verbrachte und auch bis zuletzt zuhause war.
Begründet wird die Ausnahme innerhalb der Bundesregierung mit seiner langen Zeit (1974-1992) an der Spitze des Auswärtigen Amts und mit seinen außergewöhnlichen Verdiensten, vor allem um die deutsche Wiedervereinigung. Es soll dann aber auch bei einer Feier bleiben: Eine zusätzliche Trauerveranstaltung im Weltsaal des Auswärtigen Amts wird es für Genscher nicht geben.