Versicherung Versicherung: Pflegereform bleibt Pflegefall
Berlin/MZ. - Der Minister hat nur eine knappe Viertelstunde, man bittet um Verständnis, die Amtsgeschäfte lassen nicht mehr zu. Das ist schade, denn immerhin geht es um die Reform der Pflegeversicherung, die einmal als eine "große" angekündigt worden war im "Jahr der Pflege 2011". Mittwochmorgen hat das schwarz-gelbe Bundeskabinett "Eckpunkte" des Gesetzeswerkes verabschiedet, die, so hofft man im überfüllten Presseraum des Bundesgesundheitsministeriums, ein wenig detaillierter ausgefallen sein mögen als der nebulöse Beschluss der Koalitionsspitzen zehn Tage zuvor. Es gibt eine lange Liste offener Fragen.
Der entschlossene Schritt, mit dem Gesundheitsministers Daniel Bahr (FDP) ans Mikrofon tritt, verheißt Antworten. "Ich bin sehr zufrieden", sagt Bahr, weil "das Kabinett so zügig die Eckpunkte" beschlossen und so "Grundzüge der Reform konkretisiert" habe. Konkretisiert? Klingt erstmal gut.
Der Minister fährt fort: Man wolle den "Zusammenhalt in der Gesellschaft" stärken, "Familien und Angehörige" unterstützen und besonders "die Betreuung Demenzkranker besser abbilden". All das solle "nicht mit der Gießkanne" geschehen, vielmehr gelte es, "ganz besondere Schwerpunkte" zu setzen. Zum Beispiel werde die Reform "geeignete Maßnahmen" enthalten, um den Zustand von Pflegebedürftigen in der Rehabilitation zu verbessern. Ein neuer "Pflegebegriff" (der seit 2009 bereits vorliegt) soll - nun noch einmal - bis zum übernächsten Jahr definiert werden. Man möchte neue "Wohnformen" fördern und die "Rahmenbedingungen für das Pflegepersonal" verbessern, indem die Dokumentationspflichten "als integraler Bestandteil" im Berufsalltag verankert, nicht aber "aufgepfropft" würden. Damit nicht genug, habe der medizinische Dienst der Krankenkassen seinen "Service zu verbessern". Mittels neuer "Wahlleistungen" könnten Pflegebedürftigen künftig neben "Leistungspaketen" auch "Zeiteinheiten" mit den Kassen vereinbaren. Pflegende Angehörige sollen zudem "leichter als bisher eine Auszeit" nehmen können.
Der Aufbau einer freiwilligen privaten Zusatzvorsorge erfolge zum Jahreswechsel 2012 / 2013, ebenso wie die Erhöhung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte. Damit stünden 1,1 Milliarden Euro mehr zu Verfügung. "Ich finde, das ist schon ein ordentlicher Beitrag, um die Pflegeversicherung zukunftsfest zu machen" sagt Bahr mit ernster Miene. Die Eckpunkte seien "ein Signal, dass diese Koalition es ernst meint mit der Reform der Pflege, die viele Ansätze bietet und eine runde Sache wird".
Nach diesem Schlusssatz bleiben fünf Minuten für Fragen. Was die Wahlleistungen angeht, sei "noch nichts konkret"; nach welchen Vorgaben der neue Pflegebegriff erarbeitet werden soll, sei "noch nicht entschieden"; bei der privaten Zusatzvorsorge sei "vieles möglich"; wie viel zusätzliches Geld wann für Demenzkranke zur Verfügung stehen wird, bleibe zunächst offen. Das gilt, um es kurz zu machen, für alle übrigen Fragen auch. Leider, leider ist die Zeit nun um.