Verschleppte Deutsche befreit - Entführer gefasst
Kabul/Berlin/dpa. - Schnelles und glimpfliches Ende der Entführung einer Deutschen in Afghanistan: Nach knapp 36 Stunden in Geiselhaft befreiten Sicherheitskräfte die 31-jährige Christina M. in der Nacht zum Montag aus einem Haus in Kabul.
Vier Kidnapper wurden nach Angaben des afghanischen Innenministeriums festgenommen. Die Angehörigen in Deutschland und Bundesaußenminister Frank Walter-Steinmeier zeigten sich erleichtert. Steinmeier dankte den afghanischen Sicherheitskräften. Unterdessen waren ein deutscher Bauingenieur und 19 Südkoreaner seit rund vier Wochen weiter in der Gewalt von Entführern.
Christina M., Leiterin des Büros der christlichen Hilfsorganisation Ora International, war am Samstagmittag von Bewaffneten aus einem Imbiss in Kabul verschleppt worden. Am Sonntag stürmten Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter gegen Mitternacht das Haus, in dem die schwangere Frau gefangen gehalten wurde. Unter den vier Festgenommen ist nach Angaben des Innenministeriums in Kabul auch der Drahtzieher der Entführung.
Rund 300 Sicherheitskräfte hätten an der Operation teilgenommen. «Die Geiselnehmer hatten keine Chance zu entkommen», sagte Ministeriumssprecher Semarai Baschari. Bei diesen handele es sich um eine kriminelle Bande. Sie habe zwar nach außen hin die Freilassung von Häftlingen gefordert, tatsächlich sei es ihr aber um Lösegeld in Höhe von etwa einer Million Dollar gegangen.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll der Überbringer eines Videobandes mit Bildern der deutschen Geisel die Fahnder ungewollt zum Versteck der Kidnapper geführt haben. Aus Sicherheitskreisen hieß es, der Bote sei von einem Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes verfolgt worden, nachdem er das Videoband am Sonntag beim Sender Tolo TV abgegeben hatte. Der Mann sei danach direkt zum Versteck der Entführer zurückgekehrt.
Die Hilfsorganisation Ora International zeigte sich «dankbar und glücklich» über die Befreiung ihrer Mitarbeiterin. Nach Angaben von Ora-Geschäftsführer Matthias Floreck will Christina M. voraussichtlich an diesem Dienstag nach Deutschland zurückkehren. Die Organisation berate jetzt über ihr weiteres Vorgehen.
Die Hilfsorganisation Caritas international plädierte derweil eindringlich für eine Fortsetzung des zivilen deutschen Engagements in Afghanistan. «Ein Abzug wäre ein fatales Signal gegenüber den Afghanen», sagte Caritas-Landesvertreter Timo Christians in einem dpa-Gespräch.
Die afghanischen Behörden meldeten außerdem am Montag einen weiteren Fahndungserfolg: Zehn Monate nach dem Mord an zwei deutschen Journalisten in Nordafghanistan sei vergangene Woche in der Provinz Baghlan der Drahtzieher der Tat gefangen genommen worden. Die beiden Deutsche-Welle-Mitarbeiter waren im Oktober vergangenen Jahres in Nordafghanistan erschossen worden, als sie dort zelteten.
Derweil sollen drei der 19 in Afghanistan entführten Südkoreaner in einen Hungerstreik getreten sein, um eine Zusammenlegung der getrennten Gruppe zu erreichen. Ein Mann und zwei Frauen hätten die Protestaktion am Sonntag begonnen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Nach diesen Angaben sollen die 19 Geiseln - auf mehrere Gruppen verteilt - von den radikalislamischen Taliban-Rebellen an Orten in der ostafghanischen Provinz Ghasni und im Zentralteil des Landes festgehalten werden. (dpa)