Verkehr Verkehr: Probebetrieb für Lkw-Maut im Leerlauf

Hamburg/dpa. - Der Probebetrieb für die Lastwagen-Maut auf deutschen Autobahnen hat am Sonntag offiziell begonnen. Allerdings gab es zunächst so gut wie keine Teilnehmer, weil nahezu alle Fahrer wegen des Sonntags-Fahrverbots bis 22.00 Uhr nicht auf die Straße durften. Das System funktionierte nach Angaben des Betreiberkonsortiums Toll Collect ohne Probleme. Die Deutsche Post kündigte unterdessen eine Erhöhung der Paketpreise wegen der Maut an. Die Gebühr soll vom 2. November an erhoben werden. Experten zweifeln jedoch daran, ob bis dahin alle technischen und organisatorischen Probleme ausgeräumt werden können.
Die Transportbranche rechnete nicht mit Staus oder Verzögerungen auf den Autobahnen wegen des freiwilligen Maut-Testbetriebs. Die vor allem an Raststätten aufgestellten Maut-Automaten würden von den Spediteuren und Lastwagen wohl gar nicht genutzt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV), Heiner Rogge, am Sonntag der dpa in Bonn. «Das wird man erst erleben, wenn die Maut im echten Betrieb eingeführt wird.» Kein Unternehmen werde auf der zunächst geltenden freiwilligen Basis eine Zeitverzögerung in Kauf nehmen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) und Toll Collect riefen die Unternehmen zur Beteiligung an dem Test auf.
Die bisher etwa 3000 Maut-Automaten sind für diejenigen Fahrer gedacht, die kein Bordgerät zur Maut-Abrechnung haben. Von diesen so genannten On-Board-Units sind bisher nur etwa 75 000 installiert worden, während 450 000 bis eine Millionen gebraucht werden. «Von Seiten der Unternehmen ist zu hören, dass davon nur etwa 30 bis 40 Prozent auch tatsächlich funktionieren», sagte Rogge. Es gebe offensichtlich noch «erhebliche Software-Probleme», die in der Testphase noch gelöst werden müssten.
Davon ist auch bereits seit Wochen in zahlreichen Medienberichten die Rede. Unter anderem berichtet das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» in seiner jüngsten Ausgabe, bei Probeläufen seien bei vielen Bordgeräten die Sicherungen durchgebrannt, sobald der Fahrer des Zündschlüssel umdrehte. Die «Streberate» der so gennanten On-Board- Units (OBU) habe bis zu 80 Prozent betragen. Außerdem erfülle die Software bislang nur unter Laborbedingungen die hochgesteckten Erwartungen. Sicherheitsfragen wie die Verschlüsselung der Daten, seien noch weitgehend ungeklärt.
Mitte Oktober soll ein Gutachten Aufschluss darüber geben, ob für das satellitengestützte System die Betriebsgenehmigung erteilt wird. Stolpe ist zuversichtlich, dass die Maut vom 2. November an erhoben werden kann. Durchschnittlich 12,4 Cent pro Kilometer müssen die Spediteure dann entrichten. Die Abbuchung erfolgt elektronisch, entweder über die in den Fahrzeugen eingebauten Geräte, über Automaten an Grenzübergängen und Raststätten oder über das Internet. Mit Hilfe Sensoren an 120 an der Autobahn aufgestellten Mautbrücken soll exakt ermittelt werden können, welche Strecke ein Lkw zurückgelegt hat. Die Daten gehen dann per Satellit ins Rechenzentrum.
«Für unsere Filialkunden wird die Maut im Rahmen der nächsten Preismaßnahme berücksichtigt», sagte der Vorstand Express Europa der Post, Peter Kruse, dem «Tagesspiegel am Sonntag». Wann das passiert, sagte er allerdings nicht. Entwarnung gab er für das Briefporto: «Hier ist zunächst keine Änderung zu erwarten.» Die Deutsche Post plant im gewerblichen Express- und Paketversand bereits einen Zuschlag von acht Cent je Sendung.
Unmittelbar vor Beginn der Probephase sorgte die Maut wieder für politischen Streit. Die CDU rief die Bundesregierung auf, die Maut auf 2004 zu verschieben, um Hilfen für das deutsche Transportgewerbe sicherzustellen und forderte Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) zu Rücktritt auf.
Auch Rogge bekräftigte die Forderung der Speditions- und Logistikbranche, die Maut erst zum Jahresanfang 2004 einzuführen. Dieser weitere Zeitraum sei nötig, um ausreichend viele On-Board- Units zu installieren (insgesamt etwa eine Million) und sicher sein zu können, dass die Technik und auch das Abrechnungswesen im Dauerbetrieb auch funktionierten.
Toll Collect um DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom drohen unterdessen dem «Spiegel» zufolge nur relativ geringe Vertragsstrafen bei anhaltenden technischen Problemen mit dem System. Die Betreiber müssten auch nach halbjähriger Verzögerung höchstens 500 000 Euro pro Tag zahlen. Eine erwogene Strafe von 160 Millionen Euro im Monat - soviel wie dem Bund schätzungsweise durch ein Ausbleiben der Maut- Einnahmen entgeht - sei nicht vertraglich festgeschrieben worden. In den ersten drei Monaten nach dem auf den 2. November verschobenen offiziellen Start müsse das Konsortium bei Störungen und Ausfällen des Systems überhaupt keine Entschädigung bezahlen.