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Vereinte Nationen Vereinte Nationen: Ahmadinedschad sorgt für erwarteten Eklat

20.04.2009, 20:33

Genf/Berlin/dpa. - Aus Protest verließenmehrere EU-Vertreter den Saal. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warfdem iranischen Präsidenten vor, die Konferenz zu missbrauchen. Ersprach von einer «inakzeptablen Situation». Die US-Regierung forderteAhmadinedschad auf, die «aufhetzerische Rhetorik» zu beenden.

Israels Präsident Schimon Peres bezeichnete die UN-Konferenz beieiner Rede zum Holocaust-Gedenktag als «Schande». Diese akzeptiereRassismus eher als sie ihn bekämpfe. In der Gedenkstätte Jad Vaschemwarf Peres Ahmadinedschad vor, den Holocaust zu leugnen und zurBeseitigung Israels aufzurufen.

Schon vor Beginn des Genfer Treffens hatten die USA undDeutschland ihre Teilnahme abgesagt, da sie befürchtet hatten, dassdie Konferenz zu einem Podium anti-israelischer Erklärungen werdenkönnten. Auch Italien, Polen und die Niederlande hatten sich dieserEntscheidung angeschlossen. Später brach auch Tschechien seineTeilnahme ab.

Ahmadinedschad sprach vor den Delegierten von einer «völligrassistischen Regierung» Israels, die die besetzten palästinensischenGebiete beherrsche. Durch den «barbarischen Rassismus» sei eine ganzeNation heimatlos geworden, so Ahmadinedschad mit Bezug auf Palästina.«Zionisten» und ihre Verbündeten hätten zudem den Krieg im Irakgeplant. Der Zionismus sei der «personifizierte Rassismus».

Während mehrere EU-Diplomaten den Saal verließen, appplaudiertenandere Teilnehmer der Konferenz Ahmadinedschad. UN-GeneralsekretärBan verurteilte die Rede. «Das ist das Gegenteil dessen, was dieseKonferenz erreichen will», sagte er. Die UN- Hochkommissarin fürMenschenrechte, Navi Pillay, wies die Anschuldigungen Ahmadinedschadsebenfalls zurück. Sie sei «geschockt und zutiefst traurig» über dieRede.

Der Vortrag Ahmadinedschads sei ein nicht tolerierbarer Aufruf zurassistischem Hass gewesen, ließ Frankreichs Präsident NicolasSarkozy mitteilen. Der iranische Präsident verhöhne die Ideale undWerte der Menschenrechtserklärung. Sarkozy forderte eine geschlosseneReaktion der EU. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Wood,bezeichnete Ahmadinedschads Äußerungen als «nicht hinnehmbar». Sietrügen nur dazu bei, rassistischen Hass weiter anzustacheln. DerSprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, sprach von einer«hasserfüllten Rhetorik».

Zu Beginn der Konferenz war der Boykott Deutschlands und der USAscharf kritisiert worden. «Ich bedauere zutiefst, dass einige sichentschlossen haben, beiseite zu treten», sagte Ban in seinerEröffnungsansprache. «Wir träumen davon, in eine neue Richtung zugehen, jedoch bleiben zu viele von uns in der Vergangenheitverstrickt.»

Russland verurteilte den Boykott. Offenbar seien nicht alleRegierungen bereit, sich den wachsenden Herausforderungen vonRassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu stellen, sagte derrussische Vize-Außenminister Alexander Jakowenko derRegierungszeitung «Rossijskaja Gaseta». Auch aus Österreich kamKritik. Das Fernbleiben Deutschlands, Italiens, Polens und derNiederlande sei «kein Stärkezeichen der EU», sagte AußenministerMichael Spindelegger.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies Kritik an deruneinheitlichen Haltung der EU zurück. «Das ist weiß Gott keineSpaltung Europas in entscheidenden politisch-strategischen Fragen»,sagte er nach einem Treffen mit dem italienischen AußenministerFranco Frattini in Berlin. Dieser betonte, alle EU-Staaten seien sichin der Verurteilung von Rassismus einig.

Deutschland hält sich allerdings die Möglichkeit offen, doch nochin die Beratungen bei der Konferenz einzusteigen. Die Bundesregierungwerde das Treffen in den kommenden Tagen beobachten, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. «Wenn sich ein positiver Ablaufabzeichnet, haben wir uns vorbehalten, in die Schlussdiskussioneinzusteigen.» Als Grund für den Boykott nannte Steg unter anderemdie «spezifische deutsche Geschichte». Mit dem Boykott nimmtDeutschland erstmals seit der Aufnahme in die Vereinten Nationen 1973an einer großen UN-Konferenz nicht teil.

Die in Genf teilnehmenden EU-Staaten wollen in derAbschlusserklärung keine Verurteilung einzelner Staaten, Religionenoder antisemitische Äußerungen dulden. Im Entwurf für dieSchlusserklärung seien die «roten Linien» der EU gewahrt geblieben.«Wir wissen, dass der Text nicht ideal ist», sagte die Sprecherin derEU-Kommission, Christiane Hohmann.

Die Teilnahme des iranischen Präsidenten an der Konferenz hatteschon vor Beginn der Konferenz für einen ersten diplomatischen Eklatgesorgt. Israel rief seinen Botschafter aus der Schweiz zu Beratungenzurück, nachdem Ahmadinedschad am Vorabend vom SchweizerBundespräsidenten Hans-Rudolf Merz empfangen worden war.