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Verbrennungsmotor gegen E-Auto Verbrennungsmotor gegen E-Auto: Welches Auto hat denn nun die bessere Umweltbilanz?

24.04.2019, 18:51
Elektroautos müssen regelmäßig an speziellen Tankstellen aufgeladen werden. Dass es bislang zu wenige Lademöglichkeiten gibt, wird häufig kritisiert.
Elektroautos müssen regelmäßig an speziellen Tankstellen aufgeladen werden. Dass es bislang zu wenige Lademöglichkeiten gibt, wird häufig kritisiert. dpa

Frankfurt - Über die Klimabilanz von Elektroautos wird heftig gestritten. Am Mittwoch hat Volkswagen die Daten einer Lebenszyklus-Analyse für einen VW Golf vorgelegt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der Stromer klar im Vorteil sei. Das Ifo-Institut hat hingegen kürzlich eine Studie veröffentlicht, die Diesel-Autos im Vorteil sieht. Wir erläutern, was hinter den gegensätzlichen Ergebnissen steckt.

Warum wird überhaupt über die Klimabilanz von Pkw diskutiert?

Nimmt man die Klimaziele ernst, dann muss vor allem im Verkehr etwas geschehen – dieser Sektor hat bislang keinen Beitrag zur Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen geleistet. Die Elektromobilität gilt als wichtigster Faktor, um Versäumtes nachzuholen. In den Abgasnormen der EU werden die Stromer mit einem Ausstoß von null CO2 behandelt.

Erzeugen E-Autos tatsächlich keinerlei Treibhausgase?

Im Fahrbetrieb gilt dies nur lokal. Es kommen aber indirekte Emissionen hinzu, die davon abhängen, wie der Strom hergestellt wurde, den die Elektroautos verbrauchen.

Ferner verschlingt die Herstellung der Autos enorme Mengen elektrischer Energie. Davon wird fast die Hälfte des gesamten Bedarfs allein für die Gewinnung der Batterie-Rohstoffe benötigt. Deshalb kommt es auch maßgeblich darauf an, wie der Strom sich zusammensetzte, der für die Fertigung gebraucht wurde.

Diese sogenannte Startlast liegt deutlich höher als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Letztlich entscheidend ist die Gesamt-Ökobilanz über den „Lebenszyklus“ eines Fahrzeugs, also inklusive des Energieaufwandes für die Verschrottung.

Was kommt bei der Lebenszyklus-Analyse von Volkswagen heraus?

Volkswagen hat dies mit einem normierten und zertifizierten Verfahren durchgerechnet. Unterstellt wird eine Fahrleistung von 200 000 Kilometern. Das Ergebnis bei einem VW Golf mit vergleichbarer Leistung: Der Wagen mit Turbodiesel-Motor bläst durchschnittlich 140 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft, während der E-Golf auf 119 Gramm kommt.

Dabei wird der aktuelle Strommix in der EU unterstellt. Die Bilanz verbessert sich, je mehr Fahrstrom aus regenerativen Quellen eingesetzt wird. Sie verschlechtert sich auf 142 Gramm beim gegenwärtigen deutschen Strommix mit seinem immer noch hohen Kohleanteil von rund 35 Prozent.

Passen die Zahlen von Volkswagen zu den Ergebnissen anderer Studien?

Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) hat kürzlich eine Studie im Auftrag der Denkfabrik Agora Verkehrswende erstellt, deren Resultate in die gleiche Richtung gehen: Bei E-Pkw mit einer relativ kleinen Batterie (mit einer Kapazität von 35 Kilowattstunden) lagen die Lebenszyklus-Emissionen nach einer Fahrtstrecke von 150 000 Kilometer schon um fast ein Viertel niedriger als bei einem Vergleichsfahrzeug, das 5,9 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht. Im Vergleich zu einem entsprechenden Diesel (Verbrauch 4,7 Liter) lag der CO2 -Ausstoß um 16 Prozent niedriger.

Die Ifeu-Experten weisen aber auch darauf hin, dass die Vorteile der Stromer unterschiedlich stark sind. Am größten sind sie bei kleinen Stadtautos. Relativ gering sind sie bei E-Fahrzeugen, die für Langstrecken gedacht sind und deshalb über eine entsprechend große und schwere Batterie für eine hohe Reichweite verfügen.

Wie kommen gegensätzliche Ergebnisse zustande?

Es kommt immer darauf an, wie die Parameter gesetzt werden. So hat das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung gerade einen Tesla Model 3 mit einer großen Batterie (75 Kilowattstunden) mit einem Mercedes C220d verglichen, der über 194 PS verfügt. Der Tesla kann mindestens 351 PS auf die Straße bringen.

Der massive Unterschied in der Leistung in Verbindung mit der großen Batterie bringen dem Mercedes erhebliche Vorteile. Für die Batterieherstellung wird zudem ein enorm hoher CO2 -Ausstoß mit entsprechend hohem Kohlestromanteil unterstellt. Tesla aber etwa nutzt nach eigenen Angaben für die Akkufertigung weitgehend klimaneutrale Sonnenenergie.

Welche Verbesserungen in der Klimabilanz sind künftig zu erwarten?
Während die Ifo-Studie mögliche Verbesserungen ausblendet, rechnet Volkswagen enorme Potenziale vor. Komme etwa die Energie für den Fahrstrom komplett aus regenerativen Quellen, könnten die Emissionen in der Nutzungsphase auf zwei Gramm pro Kilometer reduziert werden. Für 2030 wird mit 37 Gramm gerechnet, derzeit sind es noch 62 Gramm.

Außerdem gehen die Experten des Autobauers davon aus, dass durch technologische Verbesserungen, Optimierungen in der Lieferkette und den Einsatz von grüner Energie bei den Batterien der nächsten Generation ein CO2-Minderungspotenzial von bis zu 50 Prozent realisiert werden kann. E-Autos würden dadurch ihren Vorsprung gegenüber Diesel-Autos und Benzinern ausbauen, obwohl auch dort Innovationen unterstellt werden.

Wie sieht es mit Alternativen zum batterieelektrischen Auto aus?

In der Ifo-Studie wird massiv für den Einsatz von Wasserstoff und Gas plädiert – auch weil diese Treibstoffe synthetisch hergestellt werden können, und zwar mittels Elektrolyse aus Öko-Strom. Das synthetische Gas hätte den Vorteil, dass Benzinmotoren nur geringfügig modifiziert werden müssten, um klimafreundlich zu fahren.

Der große Nachteil sind allerdings die enormen Strommengen, die für die Herstellung benötigt werden. Das bedeutet auch, dass die sogenannten E-Fuels laut Bundesregierung nach heutigem Stand etwa 4,50 Euro pro Liter kosten würden – ohne Mineralölsteuer. (RND/Wenzel)