1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Verbotene Hormone in Tierfutter: Verbotene Hormone in Tierfutter: Über 1800 deutsche Betriebe sind betroffen

Verbotene Hormone in Tierfutter Verbotene Hormone in Tierfutter: Über 1800 deutsche Betriebe sind betroffen

18.07.2002, 16:24
Kuhstall
Kuhstall dpa

Düsseldorf/Berlin/dpa. - In Nordrhein-Westfalen stieg die Gesamtzahl der gesperrtenBetriebe damit auf mehr als 1700. Höhn sprach angesichts dessen voneiner neuen Dimension des Skandals. «Das verschlägt einem dieSprache.» Ein einziger Lieferant arbeite mit kriminellen Methoden,und Tausende von Bauern und Millionen Verbraucher seien betroffen.

Das verbotene Wachstumshormon wurde am Donnerstag auch in Probenin Brandenburg nachgewiesen. In anderen Bundesländern dauerten dieUntersuchungen verdächtiger Futtermittel an. Vor mehreren Tagen warMPA bereits in Futtermitteln in Niedersachsen nachgewiesen worden.

Das Bundesverbraucherministerium betonte, das mit der EU-Kommission und den Bundesländern vereinbarte Verfahren werde in allenbetroffenen Mitgliedstaaten einheitlich angewendet. Alle Betriebewürden ermittelt, die eventuell MPA-belastetes Futter bekommen haben.Sie dürften keine Tiere zur Schlachtung geben und keine Milchliefern. Futterproben würden auf MPA getestet, bei positiven Befundenwürden die Tiere stichprobenartig untersucht. Werde auch da kein MPAnachgewiesen, werde der Betrieb wieder freigegeben.

Das staatliche Veterinäruntersuchungsamt Krefeld hatte bei zweiFuttermittelherstellern aus Nordrhein-Westfalen in achtRückstellproben von Melasse das Hormon MPA in Konzentrationenzwischen 0,015 und 0,2 Milligramm pro Kilogramm entdeckt. Die beidenProduzenten hatten nach Angaben Höhns insgesamt 400 Tonnen belasteteMelasse dem Futtermittel beigemischt.

   Die beiden Hersteller hätten sich selbst angezeigt, sagte Höhn.Ihnen sei kein Vorwurf zu machen. Sie hätten die Melasse von Juni bisAnfang Juli über einen Hamburger Makler direkt aus den Niederlandenbezogen. Melasse ist ein Abfallprodukt der Zuckererzeugung, das alsBindemittel und Geschmacksverstärker dem Futter beigemischt wird. Dadie Melasse nur mit einem Anteil zwischen ein und vier Prozent in dasFutter eingearbeitet wurde, sei die MPA-Belastung nur gering, sagteHöhn. Die belieferten Höfe hätten als Vorsichtsmaßnahme aber gesperrtwerden müssen.

   Das belastete Tierfutter sei zu 60 Prozent an Höfe gegangen, aufdenen Rinder gehalten würden, vor allem Milchkühe, sagte Höhn. DieMilch dieser Tiere könne aber möglicherweise bereits am Freitagwieder zur Vermarktung freigegeben werden, weil die überwiegende Zahlder Wissenschaftler der Ansicht sei, dass die Hormone nicht über dasFutter in die Milch übergingen. Wenn Stichproben-Untersuchungen diesbestätigten, könne die Milch freigegeben werden. Bund und Länderwollten darüber in einer Telefonkonferenz entscheiden.

   Die Untersuchungskapazität in den staatlichen Labors in Nordrhein-Westfalen reiche aus, betonte Höhn. Sie kündigte an, sich bei derLandwirtschaftlichen Rentenbank dafür einzusetzen, dass die vomHormonskandal betroffenen Bauern zinsgünstige Kredite erhalten.

Der Landwirtschaftsverband Rheinland, in dessen Bereich dieMehrzahl der in Nordrhein-Westfalen gesperrten Betriebe liegt,äußerte sich bestürzt über die Ausweitung des Skandals. Dengesperrten Betrieben drohten hohe Verluste, erklärte er.