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Verbot von IS Verbot von IS: Gesetz gegen Gewissenlose

Von Markus Decker und Christian Rath 12.09.2014, 15:07

Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Freitag Aktivitäten der Terrororganisation Islamischer Staat in Deutschland verboten. Wir klären auf, was das bedeutet.

Ist IS jetzt verboten?

Nein, da der Verein in Deutschland weder seinen Sitz noch eine eigene Organisation hat, konnte ihn der Innenminister nicht verbieten. Er konnte nur die Betätigung im Inland untersagen. Diese Möglichkeit ist im Vereinsgesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 18).

Wie wurde das Betätigungsverbot begründet?

Der IS verstoße gegen die deutsche verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung, weil er die „Weltherrschaft“ anstrebe. Außerdem begehe der IS in Syrien und im Irak Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die auch nach deutschem Recht strafbar sind.

Was ist nun konkret verboten?

Es ist verboten, die Fahnen und Kennzeichen des IS zu benutzen. Außerdem ist verboten, Spenden für den IS zu sammeln. Auch die IS-Propaganda im Internet soll verboten sein, wenn sie in deutscher Sprache erfolgt. Das Innenministerium stellt hier also nicht darauf ab, wo die Server stehen, sondern dass die Aufrufe in Deutschland Wirkung zeigen sollen.

Ist mit der IS-Fahne nun das islamische Glaubensbekenntnis verboten?

Die schwarze Fahne des IS beinhaltet in arabischer Sprache und Schrift den Beginn des islamischen Glaubensbekenntnisses „Es gibt keinen Gott außer Gott“ sowie das so genannte Prophetensiegel „Mohammed ist der Gesandte Gottes“. Das Ministerium betont, dass die islamische Glaubenssymbolik an sich nicht verboten ist, sondern nur ihre Benutzung durch den IS für seine terroristischen Ziele.

Was kann die deutsche Polizei nun konkret tun?

Sie kann IS-Fahnen und Spendengelder beschlagnahmen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Youtube wurden aufgefordert, keine IS-Botschaften in deutscher Sprache mehr zu verbreiten.

Wird das Betätigungsverbot etwas nutzen?

Das ist schwer zu sagen, da es sich um eine äußerst radikale Szene handelt, die Brutalität oft nicht verabscheut, sondern begeistert begrüßt. Die Sicherheitsbehörden haben aber jetzt ein Instrument, das ihnen hilft, bei Bedarf einzuschreiten. Das gilt für Demonstrationen auf der Straße. Erst am 2. September zeigten junge Muslime die IS-Flagge vorm Brandenburger Tor. Das gilt besonders für die Online-Werbung, die nach Auskunft des Ministeriums überhand nimmt. Netzbetreiber sollen einschlägige Inhalte löschen. Die Behörden überwachen das Internet in diesem Punkt systematisch. Gleichwohl dürfte die Werbung weitergehen. Die IS-Kämpfer rekrutieren sich in erster Linie aus den Salafisten, deren Zahl in Deutschland auf 6000 geschätzt wird – Tendenz steigend. Anfällig sind junge und ungebildete Männer, muslimische Migranten ebenso wie Deutsche, die zum Islam konvertieren.

Lässt sich mit dem Verbot der Aderlass junger IS-Kämpfer in Richtung Syrien und Irak stoppen?

Auch das ist offen. Ungefähr 400 Islamisten sind seit Beginn des syrischen Bürgerkrieges dorthin ausgereist und vermutlich 100 zurückgekehrt. Die Türkei macht ihre Grenzen mittlerweile besser dicht als früher. Deutsche Sicherheitsbehörden nehmen ihnen wo möglich die Pässe weg, um die Ausreise zu verhindern. Handelt es sich um Nicht-Deutsche, verweigern sie ihnen die Wiedereinreise. Ein hundertprozentiger Schutz ist das aber nicht. Denn bis dato unbescholtene Menschen kann zunächst niemand aufhalten. Und strafrechtlich belangen lassen sie sich nur, wenn man ihnen konkrete Taten nachweisen kann – also das Zeigen der ab jetzt verbotenen IS-Symbole oder die Beteiligung an Mord und Totschlag in den umkämpften Gebieten. Letzteres setzt voraus, dass die Täter sich selbst mit Verbrechen brüsten oder sichere Erkenntnisse aus Syrien oder dem Irak vorliegen. Um diese zu erlangen, sind die deutschen Behörden auch auf Informationen ausländischer Dienste angewiesen. Derzeit müssen viele Verfahren beim Generalbundesanwalt oder bei örtlichen Staatsanwaltschaften wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden.

Besteht die Gefahr von Anschlägen hierzulande?

Konkrete Anschlagsvorbereitungen sind nicht bekannt, werden aber nicht ausgeschlossen. Am meisten Angst herrscht derzeit weniger vor Taten des IS in Deutschland als vor durch den IS radikalisierten Einzeltätern.