Venezuela Venezuela: Hugo Chávez schockt mit Atom-Ambitionen

Caracas/Rio de Janeiro/dpa. - In der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, wo sich diese WocheParlamentspräsidenten des Subkontinents trafen, wurden weiterekritische Stimmen laut. «Der Weg der Waffen, der kriegerischenAlternativen, ist nicht ein wünschenswerter Weg für unsere Völker»,meinte der Vizepräsident des mexikanischen Senats, Carlos ChaurandArzate. Und der Präsident des kolumbianischen Senats, Luis Gómez,wies auf die Armut in Lateinamerika hin, die mit «Nuklearkrieg»unvereinbar sei.
Dabei hatte Chávez in seiner wöchentlichen Radio- und TV-Sendung«Alo Presidente» kürzlich ausdrücklich betont, er habe nicht vor,Atombomben zu bauen. «Man muss die Arbeit im Nuklearbereich angehen.Wir könnten sehr gut etwa mit Brasilien und Argentinien oder anderenLändern Lateinamerikas Forschungen im Atombereich durchführen und dieUnterstützung Irans anfordern», sagte Chávez. Davon würden dieSektoren Energie, Wissenschaft und Gesundheit profitieren. «Wirwollen keine Atombomben bauen und diese auf eine Stadt werfen undeine Million Menschen töten», versicherte er in Anspielung auf dieUSA und Hiroschima.
Die Beteuerungen von Chávez konnten aber nicht einmal die vonseinem gemäßigten Freund Luiz Inácio Lula da Silva geführtebrasilianische Regierung beruhigen. Brasiliens Außenminister CelsoAmorin sah sich zu folgender Erklärung veranlasst: «So wie dieNachricht in Umlauf gebracht wurde (...), mit einer Beteiligung (amAtomprogramm) von Ländern des Nahen Ostens, steht die Sache inBrasilien nicht zur Debatte.» Auf die Frage, ob Brasilien - dasselbst ein großes ziviles Atomprogramm unter internationaler Aufsichthat - sich einer nuklearen Zusammenarbeit mit Venezuela und Irananschließen könne, meinte Vizepräsident und VerteidigungsministerJosé Alencar allerdings: «Das mag sein.»
Experten sehen in den Erklärung von Chávez allerdings vorerstkeinen Grund zur Aufregung. «Selbst wenn Venezuela die finanziellenund wissenschaftlichen Mittel zur Verfügung haben sollte, wird esJahre brauchen, um überhaupt ein Kernkraftwerk in Betrieb setzen zukönnen», meinte in der brasilianischen Zeitung «Folha» derAtomexperte im privaten Washingtoner Council of Foreign Relations,Charles Ferguson. Jahrzehnte würden vergehen, «bis Venezuela einbescheidenes Atomprogramm auf die Beine stellt».
Chávez versichert immer wieder, US-Präsident George W. Bush wolleihn ermorden lassen. Der Venezolaner befürchtet zudem eineamerikanische Invasion - und rüstet auf. Die militärischeZusammenarbeit mit Russland wurde intensiviert. Erst vor wenigenTagen kaufte Bogotá dort 100 000 Kalaschnikow. Außerdem soll einVertrag über den Kauf von 50 modernen Kampfflugzeugen unterzeichnetwerden. Am spektakulärsten war aber die Gründung einer Miliz von«freiwilligen» Bürgern, die laut Chávez bald auf eine Stärke von 1,5Millionen Menschen ausgebaut werden soll.