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Venezuela Venezuela: Chavez will

08.10.2012, 05:49
Hugo Chavez konnte sich gegen seinen Herausforderer Henrique Capriles Radonski durchsetzen. (FOTO: DPA)
Hugo Chavez konnte sich gegen seinen Herausforderer Henrique Capriles Radonski durchsetzen. (FOTO: DPA) EFE

Venezuela/AFP. - „Es lebe Venezuela!“ rief der in Rot gekleidete alte und neue Staatschef tausenden jubelnden Anhängern zu. „Chávez wird nicht gehen“, schrien sie zurück. Chávez kann mit dem Votum von mehr als 54 Prozent der Stimmen weitere sechs Jahre regieren. Und er hat sich viel vorgenommen: Er will sein Projekt des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ fortführen und seinem Volk ein noch „besserer Präsident“ sein.

Mit knapp 45 Prozent war Chávez' Herausforderer Henrique Capriles Radonski ihm so dicht auf den Fersen wie noch nie jemand zuvor, was die Spaltung des Landes deutlich macht. Der 58-jährige Staatschef, der das Land seit nunmehr 1999 regiert, ist nicht unumstritten und immer wieder für sein unaufhaltsames Streben nach Macht und Machterhalt kritisiert worden.

Seinen ersten Versuch, an die Macht zu kommen, unternahm Chávez 1992 mit einem Militärputsch. Dieser scheiterte, Chávez wanderte für zwei Jahre ins Gefängnis. Doch genau diese Aktion machte den heutigen Präsidenten bekannt im eigenen Land und er fand Millionen Anhänger. Bei der Präsidentschaftswahl 1998 gelang es ihm auf verfassungskonformen Weg, im Jahr darauf an die Macht zu kommen.

Mit seiner „Revolution für den Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ sieht sich Chávez in direkter Nachfolge des südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfers Simón Bolívar. Er ließ den Namen seines Landes sogar in Bolivarische Republik Venezuela ändern.

Nach seinem ersten Amtsantritt sagte Chávez dem „wilden Neoliberalismus“ und dem korrupten politischen Establishment des Landes den Kampf an. 2002 überstand er einen Militärputsch und einen zweimonatigen Generalstreik. Zuletzt wiedergewählt wurde er 2006 mit einer deutlichen Mehrheit von 62 Prozent der Stimmen. 2009 setzte er in einem Referendum durch, dass er unbegrenzt wiedergewählt werden kann.

Als selbst ernannter „Soldat des Volkes“ leitete Chávez im Laufe der Zeit Verstaatlichungen in der Öl-, Stahl-, und Zementindustrie sowie in den Bereichen Telekommunikation und Stromversorgung ein. Er startete eine Alphabetisierungskampagne und verbesserte das Gesundheitssystem.

Vor allem die ärmere Bevölkerung ist Chávez für seine sozialistisch geprägten Reformen dankbar. Außerdem kann der Sohn zweier Lehrer damit punkten, dass er selbst aus bescheidenen Verhältnissen stammt und mit seinen unverblümten, oft polemischen Äußerungen die Sprache des Volkes spricht. Chávez ist zweimal geschieden und hat vier Kinder.

Die Tatsache, dass Venezuela über die weltweit größten Ölreserven verfügt, nutzte der Präsident für eine selbstbewusste Außenpolitik insbesondere gegenüber den USA. Ebenso unterstützte er mit billigem Öl und den Einnahmen aus dem Rohstoff linke Regierungen in anderen Ländern Lateinamerikas. Zugleich zeigte er sich pragmatisch: Die Öllieferungen an die USA stellte er nie ein.

Bei allem, was er tut, lässt sich Chávez von seinem Instinkt und von seinen Erfahrungen im Militär leiten. Spätestens seit dem Putschversuch 2002 kennt er nur Freunde oder Feinde, wer sich gegen ihn wendet, ist „Verräter“ oder „vaterlandslos“. Chávez habe einen „übertriebenen Hunger nach Macht“, sagt Margarita López Maya, eine frühere Verbündete des Präsidenten, die später in die Opposition wechselte.

Zuletzt aber musste Chávez zurückstecken. Der Mann, der zuvor wenig schlief und sich nie einen Urlaub gönnte, geriet mit gleich zwei Krebsoperationen in Kuba 2011 und 2012 an seine Grenzen. Er verlor seine Haare und nahm deutlich zu. Seine Wahlkampf-Auftritte fuhr er zurück, und er gab sogar seine sonntägliche Fernsehsendung „Aló Presidente“ auf. Doch seiner Kampagne schadete das nicht. Heute bezeichnet sich Chávez als „vollständig geheilt“, er hat wieder Haare - und startet mit Vollgas in die vierte Amtszeit.