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Vattenfall unter Druck: Betrunkene Arbeiter in AKW

12.07.2007, 06:14

Berlin/Stockholm/dpa. - Nach den Pannen in Krümmel und Brunsbüttel gerät der Stromkonzern Vattenfall durch Alkoholvorfälle in seinem wichtigsten schwedischen Atomkraftwerk Ringhals stärker unter Druck. Schwedischen Medienberichten zufolge sind in Ringhals mehrere Bauarbeiter in den vergangenen Wochen betrunken erwischt und entlassen worden.

Acht Arbeiter seien stark alkoholisiert aufgefallen und hätten außerhalb des Reaktorgeländes in Unterkünften weibliches Reinigungspersonal belästigt. Der Informationschef von Ringhals, Torsten Bohl, sagte der Zeitung «Göteborgs-Posten», die Bauarbeiter hätten keinen Zutritt zur Reaktorhalle gehabt, sondern seien ausschließlich am Erweiterungsbau des Reaktors 3 beschäftigt gewesen. Die Alkohol- und Drogenkontrollen auf dem Gelände seien nach den Vorfällen verschärft worden.

In Ringhals brannte im vorigen November ein Trafo, der dann explodierte. Das Kraftwerk in Varberg südlich von Göteborg wird gemeinsam von Vattenfall (70 Prozent) und dem deutschen E.ON-Konzern (30 Prozent) betrieben. Der Meiler mit vier Reaktorblöcken deckt rund 20 Prozent des gesamten schwedischen Stromverbrauchs ab.

Bereits im Vorjahr hatte es Berichte über Alkoholprobleme im Vattenfall-AKW Forsmark nördlich von Stockholm gegeben. Dort war im Sommer 2006 ein Reaktor beinahe außer Kontrolle geraten. Nach einem Stromausfall sprangen Notaggregate zur Reaktorkühlung nicht an, im Kontrollraum fielen die Computer aus.

Wie die schwedische Nachrichtenagentur TT am Mittwoch berichtete, plant will Vattenfall nun, in Ringhals strikte Alkoholkontrollen an den Eingängen einzuführen. Auch im südschwedischen Atomkraftwerk Oskarshamn, an dem E.ON, aber nicht Vattenfall beteiligt ist, sollen ab Herbst an den Drehkreuzen alle Mitarbeiter auf Alkohol und Drogen untersucht werden, die im Bereich von Reaktoren, Turbinen und Werkstätten beschäftigt sind. Die Werksleitung in Forsmark will noch abwarten und auf umfassende Alkohol- und Drogenstichproben bei den Arbeitern setzen.

Nach der Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel schließt unterdessen auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht aus, dass dem Betreiber Vattenfall die Betriebserlaubnis entzogen wird. «Das prüft die Landesatomaufsicht in Kiel aus gutem Grund», sagte Gabriel der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse». Er wolle den Ergebnissen nicht vorgreifen, aber er glaube, «dass Vattenfall im eigenen Interesse gut daran täte, sich bei der Aufklärung der Vorgänge in seinen Atomkraftwerken kooperativer zu zeigen».

Der Bundesumweltminister wies erneut darauf hin, dass es «gravierende Fehler und Kommunikationsprobleme des Betriebspersonals» in Krümmel gegeben habe. Deshalb sei ein Gespräch der Aufsichtsbehörden mit den verantwortlichen Mitarbeitern vor Ort unerlässlich. «Für mich ist vollkommen unverständlich, dass sich Vattenfall hier bisher verweigert. Wir brauchen umfassende Aufklärung», betonte Gabriel.