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Vattenfall-Experten: Pannen-AKW sind sicher

06.11.2007, 16:21

Hamburg/Kiel/dpa. - Die nach Pannen abgeschalteten norddeutschen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel können nach Ansicht einer vom Betreiber berufenen Expertenkommission sicher weiterbetrieben werden.

Das vom Energieversorgungsunternehmen Vattenfall Europe eingesetzte Gremium kommt in dem am Dienstag in Hamburg vorgestellten Abschlussbericht zu dem Ergebnis, «dass die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb gegeben sind». Die für Atomaufsicht zuständige schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) hält das jedoch für nicht erwiesen.

Es sei völlig offen, wann die Meiler wieder ans Netz gehen, sagte die Ministerin in Kiel. Umweltschutzverbände forderten die endgültige Stilllegung der beiden Kraftwerke. Die Atomreaktoren Krümmel und Brunsbüttel an der Elbe in Schleswig-Holstein waren am 28. Juni abgeschaltet worden. In Brunsbüttel hatte ein Kurzschluss einen Generator lahmgelegt, in Krümmel war ein Transformatorenhaus nach einem Kurzschluss ausgebrannt.

Reinhardt Hassa, Vorstandsmitglied von Vattenfall Europe, sagte zu, alle Empfehlungen der fünfköpfigen Kommission zur Verbesserung der Sicherheit umzusetzen. «Wir werden das zügig abarbeiten.» Der ehemalige Ordinarius für Reaktordynamik und Reaktorsicherheit der Technischen Universität München, Prof. Adolf Birkhofer, empfahl für die Kommission, die Ausbildung der Mitarbeiter in Sicherheitsfragen zu intensivieren und für bessere Kommunikation zu sorgen.

Trauernicht warf dem von Vattenfall eingesetzten Gremium einen verengten Blick vor. «Es fällt einem schwer, das wirklich ernst zu nehmen.» Nach Einschätzung der Umweltschutzorganisation Robin Wood wurde die Kommission vor allem mit Vertretern der Atomlobby besetzt. «Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus», kommentierte Referent Dirk Seifert. Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital nannte die Empfehlungen der Kommission verantwortungslos.

Die unabhängig arbeitende Kommission sei hingegen zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Betreibers gebe, sagte Birkhofer. Bei den Vorfällen, die nach internationalen Maßstäben in die niedrigste Kategorie gehören, hätten alle automatischen Sicherheitseinrichtungen funktioniert, es habe keine Gefahr bestanden. Die 1976 (Brunsbüttel) und 1983 (Krümmel) in Betrieb genommenen Kraftwerke seien aufgrund regelmäßiger Nachrüstungen auf einem modernen Sicherheitsstand. Allerdings sollte das Reaktorpersonal künftig in einem Simulator geschult werden, um manuelle Eingriffe besser zu steuern.

Trauernicht kam zu einem anderen Schluss: «Ich widerspreche der Einschätzung, dass die Sicherheit in den beiden Atomkraftwerken jener jüngerer Anlagen entspricht.» Wenige technische Änderungen reichten zum Wiederanfahren nicht aus. Die Ministerin verwies auf neue Probleme, die in den letzten Monaten bekannt geworden waren. Dabei gehe es etwa um fehlerhafte Dübel in beiden Kraftwerken und Risse an Armaturen in Krümmel. Konsequenzen seien noch nicht umgesetzt, die Aufarbeitung nicht abgeschlossen.

Nach dem 28. Juni war es zu einer neuen politischen Debatte über die Sicherheit von Atomkraftwerken gekommen. Dabei war Vattenfall wegen zögerlicher Informationen in die Kritik geraten. Im Juli wurde Atomsparten-Chef Bruno Thomauske von seinen Aufgaben entbunden, Konzernsprecher Johannes Altmeppen trat zurück. Kurz darauf räumte auch Vattenfall-Europe-Chef Klaus Rauscher seinen Posten. Hassa kündigte an, die Unternehmenskommunikation zu verbessern und die Öffentlichkeit künftig schneller und umfassender zu informieren.

Nach Hassas Einschätzung können die beiden Kraftwerke voraussichtlich Anfang 2008 wieder in Betrieb genommen werden. Den Einnahmeausfall für sein Unternehmen bezifferte er mit bis zu einer Million Euro täglich. «Das tut unserem Unternehmen sehr weh», sagte der Manager. Allerdings sei die Stillstandszeit der Reaktoren auch für routinemäßige Arbeiten genutzt worden.