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Vatikan Vatikan: Leichnam Papst Johannes XXIII. umgebettet

03.06.2001, 15:45

Rom/dpa. - «Ecco, ecco, da ist er», rief ein Gläubiger beinahe verzückt, alsdie feierliche Prozession mit dem Sarkophag aus Kristallglas undgoldenem Rahmen auf dem Petersplatz erschien. «Wir sind wiederzusammen mit ihm, er ist wieder unter uns.»

< Im weißen Papstgewand mit einem Umhang aus Purpur und rotenSchuhen liegt der einstige Bauersohn Angelo Giuseppe Roncalli unterGlas. In der Hand hält er ein goldenes Kreuz. Auf dem Kopf seinegeliebte «Camauro» - die runde Kopfbedeckung aus Purpurseide mitHermelinsaum. «Er hat einen Ausdruck heiterer Gelassenheit. So musser ausgesehen haben, als er starb.» Es schien, als bemühte sich PapstJohannes Paul II. (81) bei seiner Pfingstpredigt gar ein wenig, allzuüberschäumende Emotionen zu zügeln.

Als der Leichnam im Januar unter den Gebeten hoher Kurienkardinäleaus den Grotten des Vatikans zu ihrer «letzten Reise» geholt wurde,waren selbst Balsamierungsexperten des Vatikans erstaunt: Gesicht,Körper und selbst Kleider waren so gut wie unversehrt. «Wir haben ihnso gefunden, als sei er erst einen Tag zuvor beerdigt worden.» DreiSärge mussten sie öffnen, um die sterblichen Überreste umzubetten:Einen Sarg aus Eiche, einen aus Blei und einen aus Zypressenholz.

< Für die Zeremonie am Pfingstsonntag mussten die Fachleute nur nochleicht nachhelfen: «Das Gesicht erhielt lediglich eine dünneSchutzschicht aus Wachs.» Tatsächlich sind die Züge Roncallis, der am3. Juni 1963 nach langem Krebsleiden starb, deutlich zu erkennen: Diekurze Hakennase, die vollen Lippen, die hohe Stirn. «Was fehlt istseine Stimme, sein Lächeln», meint ein Gläubiger.

Ganz Italien erinnert sich gerne an den «gütigen Mann» ausBergamo, der schon 77 Jahre alt war, als er im Oktober 1958 zum Papstgewählt wurde. Eigentlich wollten die Kardinäle nach der langen undproblematischen Amtszeit Pius XII. (1939-1958), der zu denNaziverbrechen öffentlich geschwiegen hatte, nur einen«Übergangspapst» wählen, der alt und müde ist und keine großenZeichen setzte. Doch stattdessen berief Bauernsohn Roncalli dasZweite Vatikanische Konzil ein befreite die Kirche aus ihrerErstarrung.

Doch es ist weniger der «Reformpapst», den die Italiener verehren.Sie mögen vor allem die liebevolle Vaterfigur, den Menschen Roncalli,der sie einmal aufforderte: «Geht nun nach Hause, umarmt Eure Kinderund sagt ihnen, dass das eine Umarmung des Papstes ist.» So vielspontane Herzenswärme bei einem Papst gab es nicht häufig. Noch alsman ihm auf dem Sterbebett von der Menschenmenge auf dem Petersplatzberichtete, habe Roncalli geantwortet: «Nun ja, es ist immerhin derPapst, der stirbt.»

Nach der Messe am Sonntag wurde der Glassarkophag zunächst für dieGläubigen und Touristen im Petersdom aufgebahrt. Am Pfingstmontagfindet der «gute Papst» seine letzte Ruhe in der Hieronymus-Kapelleim rechten Seitenschiff der Peterskirche - auch hier hinterschusssicherem Panzerglas, gut sichtbar für Besucher.