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USA USA: Baustart auf Ground Zero - doch was bleibt von der Vision?

Von Gisela Ostwald 04.07.2004, 15:26

New York/dpa. - Auf Ground Zero hat die Zukunft begonnen. Knappdrei Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wird aufdem Boden, aus dem einst die Zwillingstürme über Manhattan ragten,wieder gebaut. Doch ob sich New Yorks visionäre Träume für das neueWorld Trade Center erfüllen, wird immer mehr in Frage gestellt. Derwegen seiner kühnen Symbolik gewählte Bauplan des StararchitektenDaniel Libeskind droht, der Kostenschere zum Opfer zu fallen. «Nichtein Gast bei der Grundsteinlegung, weder der Gouverneur, noch derBürgermeister (...) oder der Bauträger, kann prophezeien, was von derWTC-Vision einmal übrig bleiben wird», schrieb die «New York Times»am Sonntag.

Zumindest der Auftakt war gelungen. New Yorks Gouverneur GeorgePataki, legte den zeremoniellen Baubeginn des «Freedom Tower»symbolbewusst auf den 4. Juli, den Jahrestag der amerikanischenUnabhängigkeitserklärung 1776. Mit der entsprechenden Höhe - 1776Feet oder umgerechnet 541 Meter - soll er sich nach Fertigstellung2009 über alle anderen Gebäude der Welt erheben. Megaprojekte wie dasauf Ground Zero sind aber keine Luftschlösser, sondern werden vondem Willen der Politiker, der öffentlichen Unterstützung, Nachfragedes Marktes und dem Geldbeutel des Bauherrn bestimmt, erinnerte dieZeitung.

Das letzte Wort hat der Immobilienmakler Larry Silverstein, derdie WTC-Zwillingstürme wenige Monate vor ihrer Zerstörung auf 99Jahre gepachtet hatte. Seit Silverstein in einem Rechtsstreit mit denVersicherungen unterlag, ist er knapper bei Kasse als einmal gedacht.Das bedeutet, dass er dem «Freedom Tower» und den weiteren vierWolkenkratzern auf Ground Zero mehr Büroraum und Ladenzeilenabgewinnen will als von den Hinterbliebenen der 2749 Opfer erhofft.

Auf der Strecke drohen genau jene emotionalen Elemente zu bleiben,mit der das Modell von Libeskind einmal unter die Haut ging. So wurdedie «Lichtspalte» gestrichen, durch die die Sonne jedes Jahr amMorgen des 11. September ohne Schatten in die Gedenkstätte fallensollte. Ein Teil des dafür vorgesehenen Raums soll jetzt dembenachbarten PATH-Regionalbahnhof zugeschlagen werden. Ebenso wirddie Gedenkstätte nicht mehr 20 Meter unter Grund liegen, am Sockelder früheren Zwillingstürme, sondern über einem inzwischeneingeplanten Parkplatz für Touristenbusse.

Schon vorher hatte der «Freedom Tower» Federn lassen müssen. Dervon Silverstein bestellte Architekt David Childs will Libeskindsoffene Gärten in den oberen Etagen des Wolkenkratzers durchBüroflächen ersetzen. Den futuristischen Winkel, der den «FreedomTower» einmal von Bauwerken dieser Tage absetzen sollte, entschärfteChilds «aus praktischen Überlegungen».

Libeskind, der zuvor das Jüdische Museum in Berlin entworfenhatte, hat sich nach Informationen der «New York Times» weitgehendaus dem Bauvorhaben zurückgezogen und kommuniziert mit SilversteinsArchitekt, David Childs, nur noch über einen Anwalt. Mit dem Bauherrnselbst liegt er wegen seines Honorars im Clinch. Von den 800 000Dollar, die Libeskind in Rechnung gestellt hatte, will Silversteinnur 125 000 Dollar zahlen, weil der Architekt ihm keinen Zeitnachweisfür seine Arbeit und die seiner rund 20 Mitarbeiter in New Yorkgeliefert habe.