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Auszählung geht weiter US-Wahl2020: Auszählung geht weiter: Biden sieht sich vor Wahlsieg - Trump schickt Anwälte los

05.11.2020, 06:52
Die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika weht auf der US-Botschaft hinter den Ästen eines Baumes im Wind in Berlin.
Die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika weht auf der US-Botschaft hinter den Ästen eines Baumes im Wind in Berlin. dpa

Washington - Demokrat Joe Biden geht als Favorit auf die Zielgerade, während in den USA die letzten Stimmen bei der Präsidentenwahl ausgezählt werden. Nach dem Gewinn wichtiger Bundesstaaten scheint der Herausforderer Biden nur noch wenige Schritte vom Weißen Haus entfernt. Amtsinhaber Donald Trump reklamierte allerdings den Sieg für sich und schickte in mehreren Bundesstaaten seine Anwälte mit Klagen los.

Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur AP und des TV-Senders Fox News kommt Biden inzwischen auf 264 der für einen Sieg bei der Präsidentenwahl nötigen 270 Stimmen von Wahlleuten. Demnach bräuchte der ehemalige Vize von Präsident Barack Obama nur noch einen Bundesstaat für sich zu entscheiden, um zu gewinnen.

Als offen gilt das Rennen noch unter anderem in Pennsylvania, North Carolina, Georgia und Nevada. In Pennsylvania und Georgia führte zunächst Trump, Biden holte aber auf, je mehr Briefwahl-Stimmen ausgezählt wurden. In Nevada, das sechs Stimmen von Wahlleuten bringt und Biden damit eine Punktlandung bescheren könnte, hielt Biden in der Nacht zum Donnerstag eine knappe Führung.

Anhänger der Demokraten neigten inmitten der Corona-Pandemie eher dazu, ihre Stimmzettel per Post zu verschicken als die Republikaner. Da es bei der US-Post Verzögerungen gab, sollen in Pennsylvania noch Briefwahlunterlagen gültig sein, die bis zum Nachmittag am Freitag ankommen. Trump und die Republikaner ziehen erneut dagegen vor Gericht. Vor der Wahl hatte das Oberste Gericht der USA die Regelung zwar zugelassen. Drei Konservative unter den insgesamt neun Richtern zeigten sich aber offen dafür, das Thema nach der Wahl noch einmal aufzugreifen.

US-Wahl 2020: Biden sieht sich vor Trump

Trump klagte auch in anderen Bundesstaaten. In Michigan, wo Biden führt, will er die Auszählung aussetzen lassen, bis seine Beobachter näher an die auswertenden Mitarbeiter heran dürfen. In Wisconsin verlangt Trump eine Neuauszählung angesichts eines knappen Rennens.

Absehbar ist, dass es noch etwas dauern könnte, bis es Klarheit gibt. So will Nevada frische Informationen zum Stand der Auszählung erst wieder gegen 9.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MEZ) mitteilen. In Arizona mussten noch über 500.000 Stimmen ausgezählt werden. Hier ist die Lage eng: AP und Fox News schlugen den Bundesstaat mit elf Wahlleuten Biden zu, die anderen Sender noch nicht.

Biden selbst sah sich vor Trump. „Jetzt, nach einer langen Nacht des Zählens ist es klar, dass wir genug Staaten gewinnen, um 270 Wahlstimmen zu erreichen, die erforderlich sind, um die Präsidentschaft zu gewinnen“, sagte er am Mittwoch in Wilmington (Delaware).

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge gewann Biden die umkämpften Bundesstaaten Michigan und Wisconsin gegen Trump. Der Republikaner hatte sich in der Wahlnacht zum Mittwoch selbst vorzeitig zum Sieger erklärt und angekündigt, seinen Anspruch vor das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten zu bringen.
Biden betonte, dass er den Sieg noch nicht offiziell für sich reklamieren wolle. Doch wenn die Auszählung beendet sei, „glauben wir, dass wir die Gewinner sein werden“. Er sagte, dass Amerika die tiefe Spaltung überwinden müsse. „Um Fortschritte zu machen, müssen wir aufhören, unsere Gegner wie Feinde zu behandeln“, sagte Biden. „Wir sind keine Feinde.“

Im Laufe des Tages setzte Trump mehrere Tweets ab, in denen er über die Stimmauszählung schimpfte. Sein am Dienstagabend noch bestehender Vorsprung sei in einem Bundesstaat nach dem anderen „auf magische Weise verschwunden“, schrieb er etwa. Im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania werde „hart daran gearbeitet“, schnell eine halbe Million Stimmen „verschwinden zu lassen“, schrieb er an anderer Stelle. Twitter versah mehrere Nachrichten mit Warnhinweisen wegen „möglicherweise irreführender“ Aussagen. Biden bekräftigte: „Wir ruhen nicht, ehe nicht jede Stimme gezählt ist.“

Trump hatte schon im Wahlkampf Stimmung gegen die Briefwahl gemacht und Zweifel an der Rechtmäßigkeit geschürt - obwohl die Abstimmung per Post eine etablierte Form der Stimmabgabe ist. Er warnte ohne Beleg vor massiven Fälschungen. Hinweise auf nennenswerten Wahlbetrug gab es nicht. In Georgia zog Trump am Mittwoch vor Gericht, weil laut einem seiner Beobachter unrechtmäßig 53 zu spät per Post eingetroffene Stimmzettel berücksichtigt worden seien.

Trump schnitt bei der Wahl insgesamt deutlich besser ab als nach Umfragen erwartet. Der drei Jahre ältere Biden verfehlte den von den Demokraten erhofften klaren Sieg und musste sich unter anderem in Florida und Texas dem republikanischen Präsidenten geschlagen geben. Vor der Wahl hatte das Statistikportal „FiveThirtyEight“ nur eine Wahrscheinlichkeit von rund zehn Prozent für einen Sieg Trumps errechnet.
Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleuten. Deren Stimmen gehen mit Ausnahme der beiden Staaten Nebraska und Maine vollständig an den Sieger in dem jeweiligen Bundesstaat. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen nötig. 2016 hatte Trump zwar landesweit weniger Wählerstimmen als Hillary Clinton geholt, aber mehr Wahlleute für sich gewonnen. (dpa)