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US-Gefangenenlager US-Gefangenenlager: UN-Experten fordern Schließung von Guantánamo

16.02.2006, 12:16

Genf/dpa. - In ihrem Bericht, der am Donnerstag inGenf veröffentlicht wurde, stellen die fünf internationalenVölkerrechts- und Menschenrechtsexperten fest, dass einzelneVerhörpraktiken, von denen ihnen ehemalige Insassen des Lagersberichtet hatten, einer Folterung gleichkämen.

Die allgemeinen Bedingungen in Guantánamo, darin eingeschlossendie Ungewissheit über die Dauer der Festhaltung, stelle eine«unmenschliche Behandlung» der Gefangenen dar. Die gegenHungerstreikende angewandte Zwangsernährung laufe außerdem derenMenschenrecht auf Gesundheit zuwider. «Die Regierung der VereinigtenStaaten sollte das Gefangenenlager Guantánamo Bay ohne jeden Verzugschließen», heißt es in einer der Schlussfolgerungen des Berichts.

Die Experten kritisieren auch die Anwendung von unnötiger Gewaltgegen Gefangene, die Überstellung von Gefangenen in Länder, in denenihnen ernsthaft Folter droht, und die Verletzung ihrer religiösenGefühle durch das Militärpersonal in Guantánamo. Der Bericht zitiertZeugenaussagen, denenzufolge der Koran getreten und zerrissen wordensein soll und sich weibliche Verhöroffiziere den Gefangen in sexuellanrüchiger Weise genähert haben sollen.

Die Berichterstatter ziehen auch die Rechtsgrundlage in Zweifel,mit der die USA mehrere hundert so genannte feindliche Kämpferinhaftiert hält. Die USA haben seit Anfang 2002 mehr als 750 Männernach Guantánamo gebracht, die sie in Afghanistan und Pakistanaufgegriffen und als feindliche Kämpfer eingestuft hatten. Etwa 250davon wurden inzwischen entlassen. Der weltweite Kampf gegen denTerrorismus stelle, so der Bericht, «keinen bewaffneten Konflikt»dar, der eine Internierung von Kriegsgefangenen für die Dauer desKonflikts rechtfertigen würde.

Die zeitlich unbefristete Festhaltung der Gefangenen ohne Anklageund ohne Zugang zu Rechtsmitteln komme in diesem Zusammenhang einerVerletzung internationaler Menschenrechtskonventionen gleich, denenauch die USA beigetreten seien. Die Verhandlung von bisher wenigenFällen vor nicht öffentlichen Militärrichter-Ausschüssen missachtewiederum das Recht der betroffenen Guantánamo-Häftlinge auf einfaires Verfahren.

Das Expertenteam war im Januar 2002 von der UN-Menschenrechtskommission in Genf eingesetzt worden, um die Situationder Gefangenen im US-Lager Guantánamo zu beobachten. Eine Einladungder US-Regierung, die Anlage zu besuchen, schlugen die Experten aus,weil die US-Behörden keine Gespräche mit Insassen unter vier Augenzulassen wollten. Ihren Bericht stützen sie unter anderen aufInterviews mit ehemaligen Guantánamo-Gefangenen, die heute inFrankreich, Spanien und Großbritannien leben, und auf Gespräche mitAnwälten.

Die US-Regierung hatte bereits am Dienstag, als amerikanischeMedien vorab aus dem Bericht zitierten, die darin enthaltenenVorwürfe zurückgewiesen. Zu einer inzwischen nicht wesentlichveränderten Roh-Fassung des Berichts nimmt Washington in einem demBericht hinzugefügten Annex Stellung. «Wir weisen die meisten Inhalteund Schlussfolgerungen des UN-Berichts als juristisch irrelevant undeiner klaren Faktengrundlage entbehrend kategorisch zurück», heißt esdarin.