Union will Post-Mindestlohn im Bundestag zustimmen
Berlin/dpa. - Die Union will dem Post-Mindestlohn trotz eigener Bedenken und ungeachtet drohender Entlassungen bei Post-Konkurrenten im Bundestag zustimmen. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Norbert Röttgen sagte, die Union habe die Beendigung des Post-Briefmonopols gewollt.
Die SPD habe dies in einen Zusammenhang mit dem Mindestlohn gestellt. «Beides zusammen war die Vereinbarung. Daran halten wir uns», sagte Röttgen (CDU) dem «Kölner Stadt-Anzeiger». Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Laurenz Meyer (CDU), sagte der «Berliner Zeitung»: «Ein Aufknüpfen der Pläne ist derzeit nicht absehbar.»
Zugleich machten führende Unionsvertreter erneut ihr Unbehagen über die Aufnahme der Briefdienstbranche in das Entsendegesetz deutlich. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der «Frankfurter Rundschau», die Union habe vor den schädlichen Folgen für die Arbeitsplätze gewarnt. Die SPD habe versucht, sie kleinzureden. «Ich fürchte, dass dies nicht das Ende der Entwicklung sein wird», sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die Ankündigung des Post-Konkurrenten PIN Group, mehr als 1000 der insgesamt 9000 Mitarbeiter zu entlassen.
Kritik kam auch von der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl (CSU): «Was vereinbart wurde, ist ökonomisch falsch», sagte sie der «Financial Times Deutschland». «Der Mindestlohn führt zu Arbeitsplatzverlusten und verhindert, dass mehr gering Qualifizierte eine Arbeit finden.» Die Politik sei nicht gut beraten, «wenn sie sich zum Handlanger von großen Unternehmen macht, um Mitwettbewerber auszuschalten».
CDU/CSU-Mittelstandssprecher Michael Fuchs (CDU) nannte die Postregelung eine «unrühmliche Ausnahme». Er kündigte in der Chemnitzer «Freien Presse» (Donnerstag) an, Mindestlöhne, bei denen ein Wettbewerb verhindert werde, «wird es mit der Union nicht mehr geben». Dagegen forderte die Sprecherin der ostdeutschen SPD- Bundestagsabgeordneten, Iris Gleicke, in derselben Zeitung Mindestlöhne für Ostdeutschland. Sie seien besonders wichtig, um endlich wirksam gegen die dort gezahlten Dumpinglöhne vorgehen zu können.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, warnte in der «Schweriner Volkszeitung» vor der Einführung von Mindestlöhnen in weiteren Branchen. «Das würde die Zahl der Arbeitslosen wieder deutlich erhöhen.» Die Sozialversicherungssysteme garantierten bereits ein Mindesteinkommen.
Niedersachsens FDP-Landes- und Fraktionschef Philipp Rösler kündigte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» an, dass die CDU/FDP-Koalition seines Landes die Ausdehnung des Entsendegesetzes auf den Postbereich im Bundesrat ablehnen werde. Dies würde «eine Vielzahl von Arbeitsplätzen kosten».
Der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle sagte der «Passauer Neuen Presse», es sei absehbar gewesen, «dass die Entscheidung die Falschen trifft, nämlich diejenigen, die ihren Job verlieren». Westerwelle kritisierte: «9,80 Euro sind der höchste Mindestlohn in der Welt.»