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UN-Umweltdirektor sagt Verschärfung der Nahrungskrise voraus

16.04.2008, 10:27

Paris/dpa. - Der Direktor der UN-Umweltbehörde UNEP, Achim Steiner, rechnet mit einer Verschärfung der Nahrungsmittelkrise. Unterdessen geht dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) wegen der hohen Nahrungspreise das Geld für die Nothilfe gegen Hungersnöte aus.

«Wir haben auf den Weltmärkten einen Preiszuwachs bei Lebensmitteln, der die Grundversorgung von hunderten Millionen Menschen bedroht», sagte UNEP-Chef Steiner dem Bayerischen Rundfunk. «Die Preiseskalation macht uns große Sorgen.» Der Trend werde «uns noch lange, lange beschäftigen». Die Konkurrenz des Anbaus von Biospritpflanzen hält er für überbewertet. Grundsätzlich gebe es derzeit weltweit genug Lebensmittel. Allerdings würden die Reserven an Getreide und Reis zu niedrig gehalten, dazu kämen Ernteausfälle und eine hohe Nachfrage.

Seit Sommer vergangenen Jahres sind die Preise für Hauptnahrungsmittel damit um 55 Prozent gestiegen, rechnet das WFP vor. «Wir müssen davon ausgehen, dass der Betrag von 500 Millionen Dollar (316 Millionen Euro) nicht mehr reichen wird.", sagte der Leiter des deutschen WFP- Büros, Ralf Südhoff, in einem Gespräch mit der dpa. "Wir werden wahrscheinlich eine noch höhere Summe nennen müssen», sagte Südhoff. Die UN-Organisation hatte einen Appell an die wichtigsten Geldgeber gerichtet, um die Finanzlücke von 500 Millionen Dollar zu stopfen. Mit dem Geld sollen die 70 Millionen bedürftigsten Menschen auf der Welt versorgt werden.

«Wir reden überhaupt noch nicht über die Frage, wie viele neue Bedürftige es gibt», sagte Südhoff. «In Afghanistan muss man davon ausgehen, dass dort rund zweieinhalb Millionen neue Bedürftige hinzugekommen sind, weil sich die Weizenpreise um mehr als zwei Drittel erhöht haben.»

Die Bundesregierung gab im vergangenen Jahr 48 Millionen Euro an das WFP. Die US-Regierung stellt 200 Millionen Dollar (126 Millionen Euro) Soforthilfe bereit.

Angesichts von Nahrungsmittelkrise und Hungerrevolten fordert der gestern vorgestellte Weltagrarbericht internationaler Experten eine radikale Neuausrichtung der globalen Landwirtschaft. Die Anbaumethoden müssten weltweit geändert werden, um Arme besser zu versorgen und den Gefahren sozialer Unruhen und ökologischer Katastrophen zu begegnen, heißt es in einem Bericht.

Die industrielle Landwirtschaft mit Monokultur und intensivem Einsatz von Kapital oder Pestiziden sei an Grenzen gestoßen. Die Zeit zum Handeln sei knapp. An dem Weltagrarbericht (International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development/IAASTD) haben fast 400 Wissenschaftler sowie Regierungsvertreter mitgewirkt. Die Arbeiten an dem zwischenstaatlichen Projekt dauerten drei Jahre.