UN-Klimagipfel UN-Klimagipfel: Deutschland übernimmt zentrale Vermittlerrolle

Kattowitz - Auf der UN-Klimakonferenz in Polen hat Deutschland eine zentrale Vermittlerrolle übernommen. Die Bundesregierung soll eine Einigung im festgefahrenen Streit über milliardenschwere Finanzhilfen für Entwicklungsländer anbahnen. Zugleich kündigte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag an, dass Deutschland für die Anpassung von Entwicklungsländern an den Klimawandel zusätzlich 70 Millionen Euro bereitstellt - etwa zum Schutz vor Sturmfluten, Stürmen oder Dürreperioden.
Seit Anfang Dezember beraten in Kattowitz Vertreter aus fast 200 Staaten über Regeln für die praktische Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, das zum Ziel hat, die Erderwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 1750 zu begrenzen. Schon jetzt hat sich die Erde um rund ein Grad erwärmt. Der Gipfel mit rund 20 000 Teilnehmern und Beobachtern soll am Freitag enden, noch sind aber viele Fragen strittig.
Warum Deutschland so wichtig ist
Schulze nannte den deutschen Millionenbeitrag für den Anpassungsfonds ein Zeichen der Solidarität. „Denn unter dem Klimawandel leiden die am meisten, die am wenigsten dazu beigetragen haben.“ Der Fonds bezahlt etwa einen besseren Hochwasserschutz oder die Umstellung auf neue Methoden in der Landwirtschaft. Da er auch kleinere Projekte finanziert und vergleichsweise unbürokratisch ist, ist er bei Entwicklungsländern beliebt. Deutschland ist das wichtigste Geberland des Fonds und hat bisher schon 240 Millionen Euro eingezahlt.
Die Vermittlungsgespräche zum Thema Finanzen führt Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth zusammen mit Ägypten. Die Empfängerstaaten fordern vehement, dass die reichen Industrieländer ihre Finanzzusagen transparent und verbindlich ankündigen und darüber Rechenschaft ablegen. Welche Regeln dafür gelten sollen, ist umstritten.
Schon jetzt haben die reichen Staaten zugesagt, ab 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar zu mobilisieren, um Klimaschutzmaßnahmen in armen Staaten zu finanzieren. Laut Flasbarth geht es nun auch darum, wie die Finanzierung nach 2025 aussieht und ob der Kreis der Empfänger verändert wird. Vor der Konferenz hatte Deutschland zugesagt, den großen Grünen Klimafonds mit 1,5 Milliarden Euro aufzufüllen, eine Verdopplung des bisherigen Beitrags.
Talanoa – vertrauensvolles Gespräch auf Augenhöhe
Der Premierminister des vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaats Tuvalu, Enele Scene Sopoaga, sagte, die Erderhitzung sei die größte einzelne Gefahr für die Menschheit. Er sei in großer Sorge, weil die gegenwärtigen Zusagen zum Klimaschutz nicht ausreichten. Keine Nation dürfe den Ruf nach einem sofortigen Handeln ignorieren. „Wenn wir Tuvalu retten, retten wir die Welt.“
Am Dienstag tauschten sich Regierungsvertreter, Betroffene und Klimaschützer im sogenannten Talanoa-Dialog aus. Das Wort kommt aus Fidschi und steht für ein vertrauensvolles Gespräch auf Augenhöhe, keine formelle Verhandlung. Ziel ist, dass die Staaten neue Klimaschutz-Zusagen machen. Schulze traf sich in kleinerer Runde mit Vertretern aus Botsuana, Haiti, Indonesien, Pakistan, Tonga, Uganda und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Deutschland genießt auf der UN-Klimakonferenz nach Einschätzung Schulzes besonderes Vertrauen und kann als Vermittler zum Erfolg beitragen. „Wir sind hier sehr gefragt in der Vermittlung, weil gerade die Schwellen- und Entwicklungsländer, die kleinen Inselstaaten, sehr auf uns setzen und auf eine Zusammenarbeit mit uns setzen.“
Konzept für den deutschen Kohleausstieg
Es sei wichtig, dass alle offenlegten, was die Schwierigkeiten seien, sagte Schulze. Sie werde auch oft nach der Kommission gefragt, die in Berlin über den deutschen Kohleausstieg und Strukturwandel berät. „Es gibt alleine in Europa noch 40 weitere Kohlereviere. Das ist natürlich für alle interessant, wie wir das machen.“ Die Kommission wird anders als geplant erst Ende Januar, Anfang Februar ein Konzept für den deutschen Kohleausstieg vorlegen.
Wendel Trio, Direkter der Umweltschutzorganisation Climate Action Network (CAN) Europe, sagte, er erwarte in Kattowitz dringend weitere Zusagen für ehrgeizigere Klimaschutzziele. „Die Bürger lassen es sich nicht länger gefallen, wenn ihre Regierungen weiterhin versagen.“ Er verwies dabei auf die jüngsten Demonstrationen in verschiedenen EU-Städten. So seien kürzlich allein in Brüssel 65 000 Menschen auf die Straße gegangen. Auch gebe es immer mehr Klagen einzelner Bürger gegen untätige Regierungen und Behörden.
UN-Klimachefin Patricia Espinosa erinnerte die Regierungsvertreter an ihre Verantwortung für kommende Generationen, die unter den Folgen einer ungebremsten Erderhitzung zu leiden hätten. Sie rief in den Saal: „Lassen Sie uns die Arbeit fertigstellen, die die Welt von uns erwartet.“ (dpa)