Umstrittene Beraterverträge Umstrittene Beraterverträge: Muss Gerster nun zum Arbeitsamt?
Köln/MZ. - Florian Gerster ist abgetaucht. Der Anfang vom Ende? Nicht drei, sondern neun von 48 Beraterverträgen habe die Innenrevision der Bundesagentur beanstandet, heißt es jetzt. Heute aber muss er sich äußern. Der Verwaltungsrat der Bundesagentur berät den Bericht der Innenrevision. Die Sitzung in Nürnberg ist Gersters allerletzte Chance.
Aber es ist wohl nur noch eine theoretische. Denn der Arbeitsminister von Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau, hat bereits den Stab über seinen Parteifreund Gerster gebrochen. Es komme gar nicht mehr auf das Ergebnis der rechtlichen Prüfung an, so der SPD-Landeschef von NRW. Gerster habe nicht mehr das Vertrauen in der Öffentlichkeit, den Reformprozess der Arbeitsverwaltung weiter zu gestalten und sei deshalb nicht mehr haltbar.
So weit geht Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement öffentlich noch nicht. Er wartet, wie sich der Verwaltungsrat verhalten wird. Sieht dieser keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit mit dem Vorstandschef, kann Clement rein rechtlich zwar an Gerster festhalten, den er in den letzten Tagen für seine Reformen immer wieder gelobt hat. Aber politisch hätte Clement gar keine andere Wahl als Gersters Entlassung zu verkünden. Das Abstimmungsverhalten des Verwaltungsrates ist zwar nicht hundertprozentig vorhersehbar. Es zeichnet sich aber ab, dass die sieben Arbeitgebervertreter Gerster die Zusammenarbeit aufkündigen werden. Bis Freitag galt dies so auch für die sieben Gewerkschaftsvertreter. Gestern schienen aber einige zu schwanken; die meisten Gewerkschafter im Verwaltungsrat werden Gerster aber fallen lassen.
Die öffentliche Bank, die sieben Vertreter des Staates werden wohl am ehesten uneinheitlich abstimmen. Unionsvertreter wie der bayerische Arbeitsstaatssekretär werden auf jeden Fall gegen Gerster stimmen. Nach den Einlassungen Schartaus kann sich eigentlich auch sein Staatssekretär Josef Fischer nicht anders verhalten. Unterm Strich bahnt sich also eine klare Mehrheit gegen Gerster an.
Weil dies natürlich auch Wolfgang Clement weiß, hat die Suche nach einem Nachfolger längst begonnen. Sein Nachfolger muss einen großen Apparat leiten können, den Reformkurs des Kanzlers und seines Arbeitsministers entschieden vertreten, Menschen motivieren können und nicht wie Gerster vor den Kopf stoßen. Nach Regierungsansicht sollte er wohl auch noch SPD-Mitglied sein.
Diese Kriterien erfüllen nicht viele. Favorit in der Spekulationsküche war bis gestern Gerd Andres, parlamentarischer Staatssekretär bei Clement. Der Ex-Gewerkschaftssekretär will aber nicht. Mitfavorit Alfred Tacke ist dagegen weiter im Rennen. Er war früher einmal IG-Metall-Funktionär, gehörte dann zu Schröders engsten vertrauten in Hannover und wechselte 1998 mit ihm in die Bundespolitik, als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.
Nicht chancenlos sind zwei Mitglieder der Arbeitsverwaltung selber: Gersters Stellvertreter Frank-Jörg Weise und der Chef des Berliner Bundesbüros, Wilhelm Schickler. Dieser war früher Chef des Landesarbeitsamtes in Hessen und Mitglied der Hartz-Kommission. Er gilt als eine der Reformfiguren in der Bundesagentur, von denen es nicht zu viele gibt. Bleibt als Unbekannte, ob der Kanzler nicht noch einen Manager aus dem Hut zaubert, um ein Aha-Erlebnis zu erzielen. Bis heute Abend ist er noch in Südafrika. Aber das verhindert ja keine Telefonate. Denn klar ist: Eine lange Nachfolgedebatte darf es nicht geben.