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Ukraine Ukraine: Schröder vergleicht Krim mit Kosovo

Von Holger Schmale 11.03.2014, 10:40

Berlin - „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die Nato mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre  Katastrophe im Kosovo verhindern.“ Mit diesen Worten hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am 24. März 1999 der Öffentlichkeit den ersten Kampfeinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeteilt.

„Mit der gemeinsam von allen Bündnispartnern getragenen Aktion verteidigen wir auch unsere gemeinsamen grundlegenden Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Werte, nur eine Flugstunde von uns entfernt, mit Füßen getreten werden“, sagte er weiter. Dass die „Aktion“  völkerrechtswidrig war, weil es dazu keinen Beschuss des Uno-Sicherheitsrates gab, erwähnte er nicht. Fünfzehn Jahre später hat er dies nun nachgeholt. 

„Ich habe es selber gemacht“

Auf einer Podiumsdiskussion nannte der sozialdemokratische Altkanzler das russische Vorgehen auf der Krim einen Verstoß gegen das Völkerrecht. Mit einem erhobenen Zeigefinger solle man jedoch vorsichtig sein, „weil ich es selber gemacht habe“, sagte er mit Blick auf die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg. Für das, was gegenwärtig auf der Krim passiere, sei der Kosovo die Blaupause. In beiden Fällen handele es sich formal um eine Verletzung der Charta der Vereinten Nationen.

Auch das von der russlandfreundlichen Krim-Regierung angesetzte Referendum über eine Abspaltung von der Ukraine und den Anschluss an Russland verglich er mit der vom Westen massiv unterstützen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien. 

Schröder ist mit seiner Sicht der Dinge keineswegs alleine. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda aus Österreich, sagte am Sonntag im Deutschlandfunk: „Ich möchte schon daran erinnern, dem Kosovo hat man durch Bomben auf Serbien geholfen sich abzutrennen von Serbien. Jetzt sagt man ‚Unter keinen Umständen‘, und: ‚Jeder, der der Krim hilft, wird da mit Sanktionen belegt‘. Es kommt schon eine gewisse Doppeldeutigkeit zum Ausdruck.“ 

Kosovo spaltet die Meinung der Welt

Die auch schon Wladimir Putin gezogene Parallele zum Kosovo-Konflikt kommt nicht von ungefähr. Bis heute sorgt die Unabhängigkeit des vor allem von Albanern besiedelten einstigen Landesteils Serbiens international für heftige Debatten. Die USA und die Mehrheit der EU-Staaten verstehen die Unabhängigkeit als legitime Abspaltung von Serbien, einem Staat, der die Rechte der kosovarischen Mehrheitsbevölkerung missachtete und systematisch unterdrückte. Sie berufen sich auf das in der UN-Charta verankerte Selbstbestimmungsrecht der Völker und betonen die Einzigartigkeit des Falls, der somit keine Präzedenzwirkung habe.

Sich ebenfalls auf die UN-Charta berufend, lehnen Russland und China, aber auch die EU-Mitgliedsstaaten Griechenland, Rumänien, Slowakei, Spanien und Zypern die Unabhängigkeit ab. Sie betrachten die internationale Anerkennung des Kosovo als völkerrechtswidrige Verletzung der serbischen Souveränität, die den UN-Prinzipien der Nichteinmischung und territorialen Integrität zuwider laufe. Insbesondere die Motivlage Spaniens ist offenkundig: Hier muss sich der Nationalstaat massiver Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen und der Basken erwehren. 

Auch die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag (IGH) von 2010, der die Unabhängigkeitserklärung der kosovarischen Regierung als rechtmäßig bewertete, änderte nichts an der Kontroverse. Da IGH-Urteile völkerrechtlich nicht bindend sind, ist es weiterhin jedem Staat überlassen, Kosovo anzuerkennen oder nicht.Allerdings birgt der Fall Kosovo auch die Hoffnung, dass sich verfeindete Landesteile wieder annähern können. Vor einem  Jahr unterzeichneten Serbien und Kosovo ein Abkommen, das die strittige Statusfrage zwar ausklammert, aber immerhin Prinzipien für eine Normalisierung ihrer Beziehungen formuliert.