Ukraine Ukraine: Juschtschenko und Janukowitsch haben sich wieder lieb

Kiew/Brüssel/dpa. - In der Ukraine haben die politischen Kontrahenten mit einer Einigung auf Parlamentsneuwahlen am 30. September den zuletzt dramatisch zugespitzten Machtkonflikt gelöst. «Die Krise ist vorbei», sagte der prowestliche Präsident Viktor Juschtschenko nach einem Verhandlungsmarathon in Kiew. Sein Gegenspieler Viktor Janukowitsch erklärte, man habe aus den jüngstenAusschreitungen innerhalb der bewaffneten Staatsmacht gelernt. Der Kompromiss wird von allen großen Parteien außer den Kommunisten getragen. Das Innenministerium beorderte seine Sondertruppen zurück in die Kasernen.
Müde und zugleich erleichtert traten Juschtschenko, der von derOstukraine unterstützte Regierungschef Janukowitsch und dersozialistische Parlamentsvorsitzende Alexander Moros am frühenSonntagmorgen in Kiew vor die Presse. «Wir haben uns darauf geeinigt,dass wir keinen Druck mehr auf die Justiz und die Sicherheitskräfteausüben werden», sagte Janukowitsch. Die Konfliktparteienbekräftigten ihre Bereitschaft zu einer Verfassungsreform, um einMachtvakuum in Zukunft zu verhindern. Juschtschenko hatte vor fastzwei Monaten das Parlament aufgelöst, woraufhin Janukowitsch vor dasVerfassungsgericht zog.
Beide Seiten einigten sich auf ein Maßnahmenpaket, mit dem bei derParlamentswahl die massiven Manipulationsversuche der vergangenenJahre ausgeschlossen werden sollen. Die Politiker hätten endlichbegriffen, dass sie nicht allein ihren Willen durchsetzen können,sagte der Politologe Andrej Jermolajew vom Zentrum fürSozialforschung in Kiew.
Der Chefdiplomat der Europäischen Union, Javier Solana, fordertedie politischen Kräfte in der Ukraine zur Verwirklichung dringendnötiger Reformen auf. Dies werde auch der Vertiefung der Beziehungenzwischen der Ukraine und der EU einen neuen Antrieb geben.
Die politischen Widersacher aus den Tagen der Orangenen Revolutionvon Ende 2004 gaben sich optimistisch. «Die Ukraine geht gestärkt ausdieser Krise hervor», sagte Juschtschenko. Janukowitsch erklärte,beide seien nach der jüngsten Eskalation zur Besinnung gekommen. «Wirwerden alles tun, um so etwas nicht zu wiederholen: nicht die Fehlerund nicht die Emotionen», erklärte der Regierungschef. Zum Schlussgaben sich Juschtschenko, Janukowitsch und Moros etwas unbeholfen dieHände - als Zeichen der neuen Einigkeit.
Die Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko begrüßte die Einigungauf Neuwahlen. Aktuellen Umfragen zufolge dürfte Janukowitschs Parteider Regionen dann erneut vor Timoschenkos Wahlbündnis undJuschtschenkos Partei Unsere Ukraine liegen. Die Ukrainer müsstensich wieder auf eine Koalition einstellen. Janukowitsch regiertderzeit mit Sozialisten und Kommunisten.
Das von Juschtschenko am 2. April aufgelöste Parlament soll amDienstag und Mittwoch noch einmal zu Sondersitzungen zusammentreten,um die für Neuwahlen notwendigen Entscheidungen zu treffen. DerParlamentsvorsitzende Moros kündigte eine reibungslose Abstimmung an.