Ukraine Ukraine: Ex-Boxweltmeister will Bürgermeistertitel in Kiew werden
Kiew/Moskau/dpa. - Das grenzenloseSelbstvertrauen hat den älteren Klitschko-Bruder (34) in seinerSportkarriere ganz nach oben gebracht. Doch bei der Bürgermeisterwahlin der ukrainischen Hauptstadt am 26. März setzen Experten noch nichtauf einen Sieg Klitschkos. Der amtierende Bürgermeister AlexanderOmeltschenko dürfte derzeit für den einstigen SchwergewichtlerKlitschko noch eine Nummer zu groß sein.
Eine erste Ahnung von den politischen Klitschkos erhielt die Weltbei der «Orangenen Revolution» im Winter 2004/2005. Vitali undWladimir Klitschko traten bei Demonstrationen auf dem KiewerUnabhängigkeitsplatz offen für den damaligen Oppositionsführer undheutigen Präsidenten Viktor Juschtschenko ein.
Beim zweimaligen Weltmeister Vitali erzwang nach 37 Profikämpfenmit 35 Siegen im November 2005 eine Dauerverletzung das Ende derKarriere. Anders als der Weltrekord-Stabhochspringer Sergej Bubkawählte der promovierte Sportwissenschaftler mit dem Spitznamen «Dr.Faust» nicht das Sportmanagement als nächste Laufbahn, sondern diekomplizierte ukrainische Politik.
Klitschko ist damit nicht der erste in seiner Heimat. Derzweifache Sprint-Olympiasieger von 1972, Waleri Borsow, war Anfangder 1990er Jahre Sportminister der Ukraine. Nationaltrainer OlegBlochin, der das ukrainische Team bei der Fußball-WM zum Erfolgführen soll, sitzt im Nebenjob im Parlament. Aber keiner bringt soviel internationalen Ruhm und Geld mit in die Politik wie Klitschko.
Wahlen kennen keinen K.o.-Sieg, also muss Klitschko punkten, erversucht das mit dem Image der Weltläufigkeit, Unverbrauchtheit undEhrlichkeit. Als empfindliche Stelle Omeltschenkos hat er dieKorruption ausgemacht. «Die Korruption hat sich in der KiewerVerwaltung bis hinauf in die Spitze breitgemacht», schlägt er verbalzu. Klitschko selbst will aus der Metropole am Strom Dnjepr die«angenehmste Stadt in Mittel -und Osteuropa» machen.
«Junge, erfolgreiche Leute wie er sollten das Land in die Handnehmen», sagt der Arzt Pawel Kolomojzew, der mit seiner Frau undTochter einen Klitschko-Auftritt beobachtet. «Leider ist er alleinunter so vielen schlechten Menschen», meint die Studentin WikaButschaksipskaja. «Er ist auf jeden Fall besser als Omeltschenko.»
Der amtierende Bürgermeister Omeltschenko galt bislang alspolitischer Ziehvater Klitschkos und hat den Boxer nun zum Gegner.Trotz der Korruptionsvorwürfe hat sich die Drei-Millionen-Stadt inden zehn Jahren unter Omeltschenkos Führung deutlich entwickelt. Inder «Orangenen Revolution» stand der Bürgermeister den Demonstrantenbei, die Amtsgebäude als Wärmehallen nutzen durften. In Umfragenliegt Omeltschenko mit 36 Prozent weit vor Klitschko (15 Prozent).
Doch Klitschko hat am 26. März noch ein zweites Eisen im Feuer.Parallel wird ein neues ukrainisches Parlament gewählt, und Klitschkoführt die Liste von «Pora» (Jetzt) an. Aus der Bewegung jugendlicherRevolutionsprofis, dem harten Kern der Juschtschenko-Unterstützer,ist eine Partei geworden. Das Bündnis Pora-PRP könnte es mit etwasGlück in die Oberste Rada schaffen. Mit fast drohendem Untertonforderte Klitschko im Februar die zerstrittenen RevolutionsheldenJuschtschenko und Julia Timoschenko auf, sich zur Wahl wiederzusammenzutun. Doch die charismatische Ex-Ministerpräsidentin, dieauf ihre Art hart im Nehmen wie im Austeilen ist, sagte Nein.
Den jüngeren Klitschko-Bruder Wladimir zieht es dagegen nicht indie Politik. Er will am 22. April gegen den Amerikaner Chris Byrd umden WM-Titel boxen. Auch der dritte noch aktive Sportstar derUkraine, Andrej Schewtschenko, winkt ab. «Auf Politik habe ich keineLust», sagt Europas Fußballer des Jahres 2004 in Diensten vom ACMailand.
