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Türkei Türkei: Tatverdächtige gestehen Morde an drei Christen

19.04.2007, 08:24

Istanbul/dpa. - Für den Überfall, bei demzwei Türken und einem 46-jährigen Deutschen die Kehlen durchschnittenworden waren, gaben sie religiös-nationalistische Motive an, wietürkische Medien am Donnerstag berichteten. Die vier jungen Männerim Alter von 19 und 20 Jahren waren am Mittwoch noch am Tatortgefasst worden. In Deutschland reagierten die Türkische Gemeinde und

der Rat der Muslime mit Entsetzen und Abscheu auf das Verbrechen. Aufdie laufenden Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei werdees keine Auswirkungen haben, erklärte die EU-Kommission in Brüssel.

«Wir haben dies nicht für uns, sondern für das Vaterland undunseren Glauben getan», zitierte die Zeitung «Hürriyet» die vierTürken. «Den Feinden des Glaubens möge dies eine Lehre sein.» DiePolizei meldete am Donnerstag weitere Festnahmen, insgesamt säßenjetzt zehn Personen hinter Gittern. Alle seien Männer «derselbenAltersgruppe», sagte Provinzgouverneur Halil Ibrahim Dasöz. Einer dermutmaßlichen Angreifer, der bei der Flucht vor der Polizei aus demFenster gesprungen war, schwebte am Donnerstag noch in Lebensgefahr.

Bei dem Anschlag waren zwei türkische Mitarbeiter des kleinenchristlichen Verlags Zirve und ein Deutscher brutal ermordet worden.Die Opfer waren an Händen und Füßen gefesselt gewesen. Der 46-jährigeTilmann G. hatte in Malatya für eine Beraterfirma als Übersetzergearbeitet. Mit Frau und drei Kindern lebte er seit 2003 in derStadt, wie türkische Medien berichteten. Die Firma «Silk RoadConsulting», die in der Türkei Übersetzerdienste und Sprachunterrichtanbietet, weist ihn auf ihrer Website als einen von drei Mitarbeiternin Malatya aus.

Vertreter der protestantischen Kirchen in der Türkei erhobenunterdessen schwere Vorwürfe gegen Staat, Parteien und Medien.«Einige (...) zeigen mit einer kein Ende findenden Feindschaft aufdie Christen und hetzen unser Volk auf», sagte Bedri Peker, Präsidentdes Bundes der Protestantischen Kirchen der Türkei. Christen würdenals «potenzielle Straftäter und Vaterlandsverräter» gesehen. IhsanÖzbek, Vorsitzender eines Vereins protestantischer Freikirchen(Kurtulus Klisesi) in Ankara, dem auch die kleine Gemeinde in Malatyaangehört, sprach von einer «Hexenjagd wie im Mittelalter». Die Zahltürkischer Protestanten in der Türkei wird auf einige wenige hundertgeschätzt.

Türkische Medien stellten den Anschlag von Malatya in eine Reihemit der Ermordung des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink imFebruar in Istanbul und dem Mord an einem italienischen katholischenPriester, der Anfang 2006 in seiner Kirche in der Stadt Trabzon amSchwarzen Meer hinterrücks erschossen worden war.

Der türkische Außenminister Abdullah Gül sorgte sich indessen umden Ruf der Türkei in der Welt. «Es bereitet uns großes Unbehagen,dass das Ansehen unseres Landes im Ausland beschädigt wird.» DerAnschlag sei gegen «den inneren Frieden, die Tradition der Toleranzund gegen die Stabilität der Türkei» gerichtet, sagte Gül. «Wirverurteilen ihn aufs Schärfste.» Bereits am Mittwochabend hatteMinisterpräsident Recep Tayyip Erdogan die Morde als «Akt derGrausamkeit» verurteilt.

Überfall auf einen Bibel-Verlag (Grafik: dpa)
Überfall auf einen Bibel-Verlag (Grafik: dpa)
dpa