Türkei Türkei: Rücktritt von Ismail Cem verschärft Krise

Ankara/Brüssel/dpa. - Verwirrung herrschte nach einer Rücktrittsankündigung vonWirtschaftsminister Kemal Dervis. Nach Medienberichten lehnte Ecevitdas Rücktrittsgesuch ab. Dervis habe sich danach bereit erklärt, imAmt zu bleiben. Der parteilose angesehene ehemalige Experte derWeltbank war im März vergangenen Jahres ins Kabinett geholt worden.
Cem, der seit fünf Jahren im Amt war, trat auch aus EcevitsDemokratischer Partei der Linken (DSP) aus. Nur Stunden später gabauch Dervis seinen Rücktritt bekannt. Seit Beginn dieser Woche habenfast 40 Parlamentsabgeordnete die DSP verlassen. Ecevits Partei istjetzt zum kleinsten Partner in der Drei-Parteien-Koalition geworden.
Laut Presseberichten wird erwartet, dass sich Cem einer Gruppe vonabtrünnigen Abgeordneten unter Führung des früheren stellvertretendenMinisterpräsidenten Hüsamettin Özkan anschließen. Wahrscheinlichwerde Özkan Cem die Führung einer neuen Partei anbieten, die in denkommenden Tagen gebildet werden soll, hieß es.
Die Welle von Rücktritten war am vergangenen Sonntag von derPartei der Nationalen Bewegung (MHP), Ecevits Koalitionspartner,losgetreten worden. MHP-Chef Devlet Bahceli hatte eine Vorverlegungder Wahlen vom April 2004 auf den 3. November dieses Jahresgefordert. Die Unsicherheit bei der Regierung und die sich darausergebenden negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft machtenvorzeitige Wahlen erforderlich, hatte er erklärt.
Ecevit war im Mai zwei Mal im Krankenhaus und war seither kaum inder Lage, die Regierungsgeschäfte wahrzunehmen. Er steht seit Sommer1999 an der Spitze der Regierung aus DSP, der MHP und derMutterlandspartei (Anap). Die stärkste Fraktion stellt derzeit dierechtsgerichtete MHP.
Angesichts der Regierungskrise in der Türkei verschobEU-Kommissionspräsident Romano Prodi einen für nächste Wochegeplanten Besuch bei diesem EU-Beitrittskandidaten auf unbestimmteZeit. Nach Angaben der EU-Kommission erfolgte der Schritt imgegenseitigen Einvernehmen.