Türkei-Besuch Türkei-Besuch: CDU-Chefin Merkel beißt auf viel Granit
Ankara/MZ. - Cüneyd Zapsu hat am Montag Klartext gesprochen. "Ohne Gespräche über den Beitritt zur Europäischen Union würde es bei uns eine große Enttäuschung geben", sagte der Berater des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Ein dritter Weg existiert nicht."
Doch CDU-Chefin Angela Merkel bietet bei ihrem Besuch in Ankara genau diesen dritten Weg an, in Form einer "privilegierten Partnerschaft" zwischen EU und dem Land am Bosporus. Beinahe alles soll der Türkei zugestanden werden - bloß keine Mitsprache, Strukturhilfen und Freizügigkeit. Das macht ihren Besuch zur fast unmöglichen Mission. Positiv wird der deutschen Oppositionsführerin ihre Courage angerechnet. Das Programm erweckt den Eindruck eines Staatsbesuches: Kranzniederlegung am Mausoleum des Staatsgründers Kemal Atatürk, Gespräch mit dem Parlamentspräsident und dem Außenminister, Treffen mit Erdogan selbst. Doch alles gleicht einer Abwehrschlacht. Eine Überlastung der EU durch den türkischen Beitritt, Merkels zentrales Argument, ist kein Thema.
Die türkischen Arbeitnehmer wollen den Beitritt, weil sie Freizügigkeit ersehnen. Die Wirtschaftseliten wollen nach Europa, weil sie auf Auslands-Investitionen hoffen. Die Kurden setzen auf Brüssel, da wohl nur dies die Menschenrechte sichern würde. Und die türkische Regierung hat ihre ganze Politik darauf ausgerichtet. Erschwerend kommt für Merkel hinzu, dass der Zypern-Konflikt, der lange ein Hindernis für einen Beitritt war, vor einer Lösung steht.
Ihr Dilemma gipfelte in einer Begegnung mit Erdogan. "Wir wollen die Tür für die Türkei zwar nicht zumachen. Aber wir sehen die Perspektive einer Vollmitgliedschaft kritisch", sagte Merkel bei der eher frostigen Pressekonferenz. Erst auf Nachfragen betonte Erdogan: "Diese privilegierte Partnerschaft ist kein Weg für uns." So ökonomisch potent wie die osteuropäischen Staaten sei die Türkei allemal. Sein Land wolle zudem nicht für einen deutschen Machtkampf missbraucht werden. Bekanntlich denkt Kanzler Gerhard Schröder anders als seine Kontrahentin. Er kommt am Sonntag. Und im Dezember wird über Beitrittsverhandlungen entschieden.