Tschetschenien Tschetschenien: Region will Kriegs-Image abschütteln

GROSNY/DPA. - Die Erinnerung an die Kriegstoten in Tschetschenien ist schwarz und golden. Massig wie ein Meteorit steckt der dunkle Felsen für das Denkmal mitten im Herzen der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. Arbeiter verewigen auf polierten Steinplatten rings um den Koloss in goldenen Lettern die Namen der Toten des zweiten Tschetschenien-Krieges: Artur Akbarow (25), Lemi Nuchaew (36), Achmed Chadschijew (49) . . . Sie starben vor rund acht Jahren. Das Mahnmal fasst bei weitem nicht alle Namen der Zehntausenden Toten.
Arbeiter haben nichts vom Prunk
Die einst in Schutt und Asche gelegte Kaukasusmetropole Grosny ist kaum wiederzuerkennen. Der hier so geliebte wie gefürchtete Präsident Ramsan Kadyrow hält Wort und baut das Land mit russischem Geld wieder auf. "Ramsan, danke für Grosny!" - steht in Leuchtschrift an einer Hausfassade, die von der Denkmalbaustelle zu sehen ist. Doch in den Augen der Menschen, die hier gegenüber der neuen sandgelbfarbenen Moschee Grün pflanzen, ist kein Glück zu sehen.
"Ich bin natürlich froh, dass der Krieg vorbei und Ruhe eingekehrt ist", sagt Chamsat, der mit Dutzenden anderen Arbeitern um das Denkmal herum arbeitet. Hier, am Wladimir-Putin-Prospekt mit Cafés und Boutiquen, scheint die tschetschenische Welt fast in Ordnung. Zum neuen Stolz der Stadt gehört auch das Vergnügungs- und Einkaufszentrum Grosny-City mit einem Kino und einer Kunsteisbahn in der Nähe.
Doch auf der Baustelle für das Mahnmal fragen sich die Männer und Frauen, wem dieser mit edlen Steinen gebaute Prunk im Stadtzentrum nütze. Ihr Geld, sagen sie, reiche doch nur für Tee, Brot und das Nötigste. "Ich warte seit Jahren auf die versprochene Entschädigung für mein Haus, das im Krieg zur Hälfte zerstört wurde", sagt der 35-jährige Chamsat.
Hohe Arbeitslosigkeit
Die Arbeiter brauchen eine Weile, bis sie ihrem Ärger Luft machen. Kritik an Kadyrow, der behauptet, gut 90 Prozent der Tschetschenen stünden hinter ihm, gilt als tabu. "Hier sagt man besser nicht, was man denkt", meint ein Helfer in der Runde. Keiner wolle Ärger mit Kadyrows Leuten. Klar sei aber, dass die größten Probleme blieben: Armut, Arbeitslosigkeit über 50 Prozent und magere Einkommen. Viele Wohnungen seien kalt, oft ohne Strom und fließendes Wasser.