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Tschechien Tschechien: Sozialarbeiter fürchten Zunahme des Sextourismus

16.10.2007, 06:31
Prostituierte warten an einer Straße in Dubi (Tschechien) an der Grenze zu Deutschland auf Freier. (Archivfoto: dpa)
Prostituierte warten an einer Straße in Dubi (Tschechien) an der Grenze zu Deutschland auf Freier. (Archivfoto: dpa) CTK

Plauen/dpa. - Sozialarbeiter befürchten nach dem geplanten Wegfall der Grenzkontrollen zu Tschechien einen Anstieg des Frauen- und Kinderhandels. «Die Freizügigkeit wird negative Folgen für diebetroffenen Frauen und Kinder haben», sagte Cathrin Schauer vomProjekt Karo in Sachsen. Auch der Sextourismus aus Deutschland dürfte weiter zunehmen. «Wer eine Straftat begeht, wird sich der Verfolgung noch leichter entziehen und ungehindert nach Deutschland zurückkehren können.» Die in Plauen ansässige Organisation betreut Frauen und Kinder aus dem Rotlichtmilieu im tschechischen Grenzgebiet zu Sachsen und Bayern.

Hintergrund für die Äußerungen ist die vorgesehene Erweiterung der Schengenzone. Kritiker halten das für verfrüht, da angeblich ein umfassender Informationsaustausch mit den europäischen Nachbarländern wegen fehlender technischer Voraussetzungen noch nicht möglich ist. Die EU will im November über die Schengen-Erweiterung entscheiden.

Auch dreieinhalb Jahre nach dem EU-Beitritt Tschechiens habe sich an der Kinder- und Zwangsprostitution wenig geändert, betonte Schauer. «Die größere Polizeipräsenz hat dazu geführt, dass es nur weniger sichtbar ist.» Viele Männer würden das Grenzgebiet als rechtsfreien Raum betrachten. «Frauen werden oft zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr gezwungen.» Auch die Gewaltbereitschaft und die Perversität der Freier nähmen eher zu.

Wichtig sei es, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischenStrafverfolgungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen weiter auszubauen. «Wir müssen die Aussagebereitschaft der Frauen erhöhen und ihnen die Angst vor den Behörden nehmen», erklärte Schauer. Zudem müsse die Bevölkerung weiter sensibilisiert werden. Seit elf Jahren kämpft das Projekt Karo gegen Zwangsprostitution. Bisher konnte 287 Frauen beim Ausstieg aus der Szene geholfen werden.

Laut Schauer ist die Zukunft der Hilfsorganisation unklar.«Mehrere Fördermaßnahmen laufen aus, derzeit gibt es noch keineSignale, wie es weitergehen soll.» Mehr Aufmerksamkeit für dieschockierenden Fälle erhofft sie sich vom Hollywood-Film «Trade - Willkommen in Amerika», der am 18. Oktober startet. «In dem Film wirddie ganze Grausamkeit des Menschenhandels am Beispiel der Grenze vonMexiko zu den USA gezeigt. Ich hoffe, dass viele Leute für diesebesonders brutale Form der Ausbeutung sensibilisiert werden.»

Gespräch: Erik Nebel, dpa

(Internet: www.karo-ev.de)