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Trennung von Amt und Mandat Trennung von Amt und Mandat: Urabstimmung gegen einen alten grünen Zopf

Von Jochen Loreck 22.04.2003, 09:10

Berlin/MZ. - Die Grünen, 1980 gegründet, wollen mit einer Uralt-Tradition brechen - zumindest teilweise. Die im Statut festgelegte Trennung von Amt und Mandat, höchst strittig auf vielen Parteitagen diskutiert, soll jetzt per Urabstimmung gelockert werden. Als die Grünen noch in den Kinderschuhen steckten und sich selbst als basisdemokratisch definierten, legten sie sich auf einen strikten Trennstrich zwischen Amt und Mandat fest: Ämterhäufung sollte auf diese Weise vermieden werden. Man wollte anders sein als andere Parteien. Bezahltes Parteiamt und bezahltes Parlamentsmandat sind nämlich bei den Grünen unvereinbar - bis heute.

Voraussichtlich ab Mai dürfte ein anderes Statut gelten, dass die Doppelfunktion unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Derzeit verschickt die Berliner Zentrale an die rund 43400 Mitglieder einen Wahlzettel. Per Urabstimmung soll die Parteibasis nun entscheiden, ob künftig bis höchstens zwei der sechs Vorstandsmitglieder gleichzeitig auch einem Parlament angehören dürfen.

Da nur eine einzige Frage auf dem Wahlzettel steht, kann über eine weiter gehende Regelung nicht abgestimmt werden. Es ist also nicht möglich, künftig die Verknüpfung von Amt und Mandat generell für sämtliche sechs Vorständler zuzulassen. Außerdem: Wer zur Parteispitze zählt und zeitgleich auch Parlamentarier sein möchte, darf - die Annahme der Statuten-Änderung vorausgesetzt - nicht zum Vorstand der Fraktion gehören.

Der von nahezu der gesamten grünen Prominenz propagierte Statuten-Kompromiss besagt nämlich: "Mitglieder des Bundesvorstands dürfen nicht Fraktionsvorsitzende im Bundestag, in einem Landtag, im Europaparlament oder Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung oder der Europäischen Kommission sein."

Die Urabstimmung, deren Ergebnis am 23. Mai verkündet wird, versucht nachzuholen, was die Delegierten beim Grünen-Parteitag Anfang Dezember 2002 in Hannover nicht geschafft haben. Damals ging es bereits darum, ob die zu jenem Zeitpunkt amtierenden Parteivorsitzenden Claudia Roth und Fritz Kuhn, obendrein frisch in den Bundestag gewählt, beide Funktionen ausüben dürfen. Die angestrebte Sonderregelung für "zwei von sechs" verfehlte jedoch die für eine Statuten-Änderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Daraufhin zogen sich Roth und Kuhn aus der Parteispitze zurück und machten Platz für ihre Nachfolger Angelika Beer und Reinhard Bütikofer.

Allein 28 Vorsitzende hat die Grüne Partei seit 1990 erlebt. Da sie alle ohne Parlamentsmandat tätig waren, mussten sie sich vor ihren öffentlichen Auftritten immer wieder mühsam mit den prominenteren "Regierungsgrünen" sowie den "Fraktionsgrünen" abstimmen. Faktisch gab es kein grünes Steuerungszentrum, dafür jedoch einen heimlichen Parteivorsitzenden: Außenminister Joschka Fischer.

Parteichef Reinhard Bütikofer. (Foto: dpa)
Parteichef Reinhard Bütikofer. (Foto: dpa)
dpa