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Trauerfeier für Regine Hildebrandt Trauerfeier für Regine Hildebrandt: Tausend Menschen nahmen Abschied

04.12.2001, 18:48
So eine Gedenkfeier hat Brandenburg in seinerjüngeren Geschichte noch nicht gesehen: An die Tausend Trauernde nahmen am Dienstag in der Nikolaikirche, dem größten Raum in Potsdam, Abschied von Regine Hildebrandt, der «Mutter Courage des Ostens». Zahlreiche Menschen harrten trotz eisigen Regens auf dem Alten Marktvor der Kirche aus, um wenigstens via Lautsprecherübertragung an dem Gedenken für ihre «Regine» teilzuhaben. In vielen Gesichtern war Fassungslosigkeit darüber zu lesen, dass die rastlose und scheinbarnimmermüde Frau, die so tapfer und öffentlich gegen den Krebs gekämpft hatte, nun doch der heimtückischen Krankheit unterlegen war.
So eine Gedenkfeier hat Brandenburg in seinerjüngeren Geschichte noch nicht gesehen: An die Tausend Trauernde nahmen am Dienstag in der Nikolaikirche, dem größten Raum in Potsdam, Abschied von Regine Hildebrandt, der «Mutter Courage des Ostens». Zahlreiche Menschen harrten trotz eisigen Regens auf dem Alten Marktvor der Kirche aus, um wenigstens via Lautsprecherübertragung an dem Gedenken für ihre «Regine» teilzuhaben. In vielen Gesichtern war Fassungslosigkeit darüber zu lesen, dass die rastlose und scheinbarnimmermüde Frau, die so tapfer und öffentlich gegen den Krebs gekämpft hatte, nun doch der heimtückischen Krankheit unterlegen war. dpa-Pool

Potsdam/dpa. -    In der Kirche hatten neben Regine Hildebrandts Ehemann Jörg undden drei Kindern sowie weiteren Angehörigen unter anderenBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seine Frau Doris Platzgenommen. An der schwarz verhüllten Kanzel hing ein überlebensgroßesFoto der früheren Brandenburger Sozialministerin, das sie zugleichfröhlich und nachdenklich zeigte.

   Die Trauerreden machten deutlich, dass es vieles gab, was Menschenan Regine Hildebrandt faszinierte. Am ehesten brachte es vielleichtBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf den Punkt, der seineTrauerrede mit einem Brecht-Zitat begann: Wer kämpft, kann verlieren.Wer nicht kämpft, der hat schon verloren. «Mir scheint, es gibt nurwenig Menschen, zu deren Leben dieser Satz von Bertolt Brecht so gutpasst wie zu Regine Hildebrandt», sagte der sichtlich bewegte SPD-Bundesvorsitzende. Wie kaum ein anderer Politiker habe sie dieZuneigung der Menschen gewonnen.

   Erst im April war Schröder zum 60. Geburtstag der charismatischenPolitikerin nach Potsdam gekommen. Damals war sie zwar von den Folgender Chemotherapie gezeichnet, aber doch wie stets voller Lebensmutgewesen. Niemand hatte mit einem so raschen Ende gerechnet, zumal siesich bis zum Schluss ein ungeheures Arbeitspensum auferlegt hatte undimmer öffentlich als Vorkämpferin für die Unterprivilegierten präsentgeblieben war, wie etwa Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe(SPD) und seine Kieler Kollegin Heide Simonis (beide SPD) sagten.

   Die Begleitmusik, darunter Faurés Requiem Nummer 1, intoniertendas Domkammerorchester und die Domkantorei Berlin, jener Chor, in demRegine Hildebrandt seit vielen Jahren mitgesungen hatte. EtlicheSänger brachen während der Feierstunde in Tränen aus. Auch andereTeilnehmer, darunter Hildebrandts langjähriger Mitstreiter, derPotsdamer Oberbürgermeister und SPD-Landesvorsitzende MatthiasPlatzeck, rangen um Fassung. Platzeck hatte mit Hildebrandt, wie ererzählte, erst vor 14 Tagen über ihr mögliches Ende gesprochen.

   Es wäre aber keine Trauerfeier für die ebenso wortgewaltige wiezum Spott neigende Regine Hildebrandt gewesen, wenn es ganz ohneHumor abgegangen wäre. Die Geehrte selbst hätte vermutlich ohnehinganz Berliner «Herz und Schnauze» die Nachrufe mit der laxenBemerkung abgewehrt: «Nu lasst et mal jut sein.» Der Bundeskanzlererzählte, auch ihre Freunde und Genossen hätten erfahren müssen, wiekämpferisch sie war. «Ich auch», sagte er schmunzelnd. «Auch wenn mannicht ganz überzeugt war, stimmte man ihr lieber zu.»

   Trotz eisigen Windes und Nieselregens standen rund500 Menschen vor der Kirche. Eingemummt in Regenjacken und wattierteAnoraks lauschten sie der Lautsprecherübertragung. Viele von ihnenmeinten, sie hätten Hildebrandts Offenheit bewundert. Sie sei eineRarität unter Politikern gewesen. «Regine Hildebrandt hat kein Blattvor den Mund genommen. Stattdessen hat sie den Leuten mit ihrerKodderschnauze ins Gewissen geredet», sagte ein 27 Jahre alterPotsdamer. Monika Zutz-Dierchen aus Berlin hatte einen Strauß Blumenmitgebracht. «Eine sehr ehrliche Politikerin war sie, das findet manja selten», meinte die 52-Jährige. «Ich habe sie immer als offene undaufmerksame Frau gesehen - eine, die den Menschen auch richtigzuhörte».