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Tödlicher Unfall in Kabul Tödlicher Unfall in Kabul: Soldaten wollten Rakete nicht sprengen

21.03.2002, 09:05
russische Luftabwehrrakete vom Typ «Newa 5 W 27»
russische Luftabwehrrakete vom Typ «Newa 5 W 27» dpa

Berlin/dpa. - Die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam dementierte Meldungen,dass Soldaten gegen den Befehl zur Sprengung verstoßen hätten. Einesolche Anweisung habe es gar nicht gegeben. Der Generalinspekteur derBundeswehr, Harald Kujat, hatte unmittelbar nach dem Unglück mit fünfToten - darunter zwei Deutsche - erklärt: «Eine solche Rakete wirdgesprengt.» 

Der SPD-Verteidigungsexperte Manfred Opel sagte, die Rakete seisehr gefährlich, und in der Regel verbiete sich schon ein Transportvom Fundort zu einem anderen Gelände. Warum das gemacht wurde, werdeweiter untersucht, sagte er in NDR 4 Info. Die Rakete war in einemWohngebiet gefunden worden, wo sie jahrelang der Witterung ausgesetztwar. Sprengstoffexperten hatten kritisiert, dass so viele Soldaten inder Nähe waren, als das Geschoss unschädlich gemacht werden sollte.

Neben den fünf Toten waren acht Soldaten verletzt worden. Daruntersoll auch der Feldwebel sein, gegen den ein Ermittlungsverfahrenwegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und Körperverletzungeingeleitet wurde. Er sei mit den anderen deutschen Verletzten zurVersorgung nach Deutschland zurückgekommen, hieß es in Berlin.

Die Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft Sigrid Komor,sagte, die Soldaten sollten das Geschoss «delaborieren», was nachAngaben des Verteidigungsministeriums «ordnungsgemäßes Zerlegen»bedeutet. Der «Bild»-Zeitung zufolge wollten die Soldaten die Hülleder Rakete als Andenken mitnehmen. Die «Nordwest-Zeitung» (Oldenburg)schrieb von Trophäen. Beide Blätter stützten sich auf Angaben aus demKreis der Obleute, die von Verteidigungsstaatssekretär Klaus-GüntherBiederbick am Dienstagabend informiert worden waren.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer,beklagte, dass vertrauliche Informationen des Ministeriums weitergegeben wurden. Das sei auch ein «Schlag ins Gesicht derAngehörigen», sagte sie der dpa. Der ganze Verteidigungsausschusswerde durch einen solchen Vertrauensbruch beschädigt.

Zu möglichen Konsequenzen für den Feldwebel wollte sich dieBundeswehr nicht äußern. Generell gilt, dass Soldaten aus derBundeswehr entlassen werden, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe vonmehr als einem Jahr verurteilt werden. Das Verfahren gegen denFeldwebel führt die Staatsanwaltschaft Lüneburg, die für denBundeswehrstandort des Soldaten zuständig ist. Der dortigeOberstaatsanwalt Jürgen Wigger sagte, erst wenn er die Akten gelesenhabe, könne er einschätzen, welcher strafrechtliche Vorwurf dem Mannzu machen sei.

Das Ministerium betonte, in die Ermittlungen werde in keiner Weiseder Kommandeur des deutschen Kontingents, Carl Hubertus von Butler,einbezogen. Es gebe keine Kritik an seiner Amtsführung.