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Thüringer Landtag Thüringer Landtag: Ramelow ist der erste Linke-Ministerpräsident Deutschlands

05.12.2014, 07:40
Bodo Ramelow freut sich über seine Wahl zum Ministerpräsidenten Thüringens.
Bodo Ramelow freut sich über seine Wahl zum Ministerpräsidenten Thüringens. REUTERS Lizenz

Erfurt - Bodo Ramelow ist als erster Politiker der Linkspartei zum Ministerpräsidenten eines Bundeslandes gewählt worden. Der 58-jährige Regierungschef einer rot-rot-grünen Koalition in Thüringen erhielt am Freitag im Erfurter Landtag im zweiten Wahlgang die 46 von 90 gültigen Stimmen.

Die Verkündung des Wahlergebnisses gibt es von MDR Info über Soundcloud nachzuhören.

Im ersten Wahlgang hatte Ramelow noch eine Stimme aus seinem rot-rot-grünen Bündnis gefehlt. Der neue Regierungschef wurde gleich im Anschluss an die Wahl im Landtag vereidigt. Ramelow kündigte an, ihm sei bei allen Differenzen an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Opposition gelegen.

„Wir müssen gemeinsam zusammenstehen, damit aus Worten nicht Taten folgen“, sagte Ramelow mit Blick auf massive Anfeindungen gegen Landespolitiker in den vergangenen Wochen. Die Staatskanzlei solle unter seiner Führung ein „offenes Haus“ sein.

Tiefensee im Kabinett

Einige Stunden später stellte Ramelow die neue Regierungsmannschaft vor. Künftig sitzen vier Minister der Linken, drei der SPD und zwei der Grünen am Kabinettstisch in Erfurt. Nur die drei SPD-Vertreter Heike Taubert, Wolfgang Tiefensee und Holger Poppenhäger hatten zuvor bereits ein Ministeramt inne. Außerdem wird es einen veränderten Ressortzuschnitt geben. So werden beispielsweise Infrastruktur und Agrar sowie Umwelt und Energie in jeweils einem Ministerium zusammengeführt. Die neuen Regierungsmitglieder wollten sich noch am Freitag zu ihrer ersten Sitzung treffen.

Intensive Verhandlungen seit September

Die CDU, die Thüringen seit 24 Jahren regiert hatte, schickte im ersten und zweiten Wahlgang keinen Kandidaten ins Rennen. Zusammen mit der rechtspopulistischen AfD kommt der konservative Block im Landtag auf 45 Stimmen - nur eine weniger als Rot-Rot-Grün. Linke, SPD und Grünen hatten seit der Landtagswahl Mitte September intensive Verhandlungen geführt und den Koalitionsvertrag von ihren Mitgliedern abstimmen lassen.

CDU-Fraktionschef Mike Mohring gibt der neuen rot-rot-grünen Landesregierung keine fünf Jahre. Angesichts des Scheiterns von Ramelow im ersten Wahlgang spreche vieles dafür, dass das Dreierbündnis nicht bis zum Ende der Legislaturperiode halte, sagte Mohring. CDU-Generalsekretär Mario Voigt kündigte eine „kraftvolle Oppositionsarbeit“ an, um das „Experiment“ Rot-Rot-Grün rasch zu beenden. „Wir sind diese Rolle nicht gewöhnt und müssen uns darauf einstellen“, räumte Mohring mit Blick auf die künftige Oppositionsarbeit ein.

Dicke auf der CDU-Ersatzbank

Die CDU hatte noch am Morgen angekündigt, in einem möglichen dritten Wahlgang einen überparteilichen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Kandidat für diesen Fall sollte der frühere Rektor der Universität Jena, Klaus Dicke, sein. Dazu kam es dann aber nicht mehr.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte im Vorfeld mit einer reibungslosen Wahl von Ramelow gerechnet. „In unseren Reihen ist alles geklärt“, sagte Fahimi am Freitag im RBB-Inforadio.

SED-Opfer sind besorgt

Viele Opfer des DDR-Regimes sehen die Regierungsübernahme der Linkspartei in Thüringen nach Worten des SED-Forschers Hubertus Knabe mit großer Sorge. „Sie spüren, dass die Lehren aus der Geschichte in Vergessenheit geraten. Und sie haben das Gefühl, dass diejenigen zurück an die Macht kommen, die vor 25 Jahren entmachtet wurden“, sagte der Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“.

Ramelow entschuldigte sich in seiner ersten Rede als Regierungschef im Landtag persönlich bei „seinem Freund“ Andreas Möller. Möller hatte im Stasi-Knast in Potsdam gesessen. „Lieber Andreas Möller: Dir und allen deinen Kameraden kann ich nur die Bitte um Entschuldigung überbringen.“ (dpa, afp, rtr)

Tweets zum Wahlausgang in #Thüringen: