Terror Terror: Was die Anschläge in Brüssel und Paris miteinander verbindet

Köln - „Wir haben ihn.“ Es ist nicht einmal eine Woche her, dass Belgiens Innenstaatssekretär Theo Francken diese Worte getwittert hat. Gemeint war Salah Abdeslam – ein mutmaßlicher Drahtzieher der Anschläge von Paris, bei denen am 13. November vergangenen Jahres 130 Menschen starben. Ein Franzose, 26 Jahre alt, aufgewachsen im Brüsseler Problemstadtteil Molenbeek. Und dort wurde er auch nach monatelanger Fahndung am Freitag festgenommen. Am Dienstag dann neue Bombenanschläge in Brüssel. Am Flughafen, in der Metrostation Maelbeek. Ist die zeitliche Nähe der Anschläge ein Zufall?
Festnahme könnte Racheakte nach sich ziehen
Es gibt Tage, an denen können auch sogenannte Terrorexperten zunächst nur das sagen, was die nächstliegende Vermutung ist. Racheakte nach der Festnahme von Salah Abdeslam schienen wahrscheinlich, sagte Claude Moniquet vom European Strategic Intelligence and Security Center dem französischen Fernsehen. Der deutsche Terrorismus-Experte Rolf Tophoven sagte Focus Online, bei der Suche nach Abdeslam hätten die Ermittlungen gezeigt, dass wohl weitere Anschläge geplant gewesen seien. „Das könnte nun so einer sein“, fügte er hinzu.
Was aber wissen wir über Abdeslam und seine Verbindung zu den Anschlägen von Paris? Bei seiner Vernehmung am Wochenende soll er den belgischen Ermittlern gestanden haben, dass er sich beim Länderspiel Frankreich gegen Deutschland im Stade de France in die Luft sprengen wollte.
Dann soll er sich jedoch anders entschieden haben und mit dem Auto von Paris nach Belgien entkommen sein. Den für ihn bestimmten Sprengstoffgürtel warf er weg. Warum? Das ist unklar. Jedenfalls tauchte er über Monate erfolgreich unter. Frankreich hat direkt nach seiner Verhaftung am vergangenen Freitag in Molenbeek eine schnelle Auslieferung gefordert.
„Abdeslam war kein Einzelgänger"
Ein Verdächtiger der Pariser Anschläge mitten in seiner Heimatgemeinde in Belgien, während Sicherheitsbehörden ihn womöglich schon in Syrien wähnen – eine für die Ermittler ziemlich peinliche Realität. Dass es funktioniert hat, dürfte aber auch einiges damit zu tun haben, dass Molenbeek eine eigene Welt ist. Sehr viele Muslime, ein sozial abgehängter Stadtteil, das Gegenteil von Integration.
Salah Abdeslam fand dort Unterschlupf. Und – so verdichtet sich jedenfalls das Bild zahlreicher Medienberichte über ihn – er war dort früher kein Einzelgänger. Er soll Fußball gemocht haben, ging wohl gern in Klubs und tanzte mit Mädchen. Sein Bruder Ibrahim – er sprengte sich in Paris tatsächlich in die Luft – soll eine Bar geführt haben. Salah Abdeslam arbeitete als Techniker bei den Brüsseler Verkehrsbetrieben, verlor den Job aber, weil er zu oft fehlte. Später musste er wegen Einbruchs ins Gefängnis. Er radikalisierte sich.
Jetzt sitzt Salah Abdeslam in Haft. Doch das mutmaßliche Terrornetzwerk, zu dem er gehören soll, ist damit noch lange nicht lahmgelegt. Dringend gefahndet wird nach Najim Laachraoui und Mohamed Abrini. Laachraoui soll, das jedenfalls vermuten die Ermittler, noch am Abend der Anschläge von Paris mit den Tätern telefonisch in Kontakt gestanden haben. Bis vor kurzem war er den Ermittlern nur unter dem falschen Namen Soufiane Kayal bekannt gewesen, auf den sein gefälschter belgischer Pass ausgestellt war.
Erst nach Abdeslams Festnahme wurde seine wahre Identität bekannt. Laut Behörden war Laachraoui Anfang 2013 nach Syrien gereist. Seine DNA wurde in einem Haus und einer Wohnung in Belgien gefunden, die von der Terrorgruppe genutzt wurden.
Ebenfalls dringend gesucht wird der 31-jährige Belgier Mohamed Abrini. Der wegen Diebstahls und Drogendelikten vorbestrafte Extremist ist ein Freund Abdeslams, den er seit Kindheitstagen aus Molenbeek kennt. Sein jüngerer Bruder Souleymane soll als Kämpfer einer IS-Gruppe in Syrien getötet worden sein.
Auch Mohamed Abrini selbst soll in Syrien gewesen sein. Er wird verdächtigt, die Pariser Anschläge mit vorbereitet zu haben.
Werden die Ermittlungen nun schneller, erfolgreicher sein? Salah Abdeslam wurde gefasst, weil Ermittler bei einer Observation auf eine übermäßige Menge Pizza aufmerksam wurden, die für eine Wohnung bestellt wurde. Bei der Jagd nach den Verdächtigen großer Verbrechen sind es oft die kleinen Dinge, die für die Ermittler entscheidend sind.