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Studie über das Umweltbewusstsein Studie über das Umweltbewusstsein: Viele Deutsche sind genervt vom Verkehrslärm

Von Jenny Filon 30.03.2015, 16:25

Berlin - Umweltschutz und Wirtschaftswachstum – zwei Konkurrenten, die um den Platz an der Spitze kämpfen? Die Mehrheit der Deutschen sieht das längst nicht mehr so. Für sie gilt: Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg gehören untrennbar zusammen. Das zeigt die neue Umweltbewusstseinsstudie von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt, für die im Sommer 2014 genau 2117 Menschen ab 14 Jahren befragt wurden. Sie wurde am Montag in Berlin vorgestellt. Ihr Ergebnis: Das Umweltbewusstsein der Deutschen wandelt sich.

Immer mehr Menschen sehen den Schutz der Umwelt und des Klimas nicht länger als „ungeklärtes Problem“ (19 Prozent), sondern als notwendige Bedingung für die Lösung ganz anderer Herausforderungen – wie etwa der Globalisierung (63 Prozent), der Sicherung des Wohlstands (56 Prozent) und der Wettbewerbsfähigkeit (48 Prozent) oder der Schaffung von Arbeitsplätzen (46 Prozent). Noch vor fünf Jahren (2010) war die Mehrheit der Ansicht, der Umweltschutz müsse auch mal eingeschränkt werden, um verschiedene Zukunftsaufgaben zu erreichen.

Viel Kritik an der Städteplanung

Doch woran liegt das? Wie lässt sich erklären, dass der Umweltschutz so sehr zur Selbstverständlichkeit wird? Die Autoren der Studie sehen darin den Wunsch vieler, ein „gutes Leben“ zu führen. Deshalb wurde dieser Aspekt in der Befragung, die seit 1996 alle zwei Jahre durchgeführt wird, erstmals untersucht. Neben einer guten Gesundheit, dem Wunsch, keine Not leiden zu müssen, einer Familie, die Geborgenheit spendet, und einem hohen Lebensstandard, gehören für jeden Dritten Befragten auch eine intakte Umwelt und Natur zu einem guten Leben.

Untrennbar damit verbunden scheint der Wunsch nach weniger Autoverkehr. Denn die Mehrheit der Befragten kritisiert eine Städteplanung, die sich auf die Nutzung von PKW konzentriert. 82 Prozent würden es begrüßen, wenn Städte und Gemeinden so umgestaltet werden, dass die Bewohner weniger auf das Auto angewiesen sind, sondern ihre Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen können. Unter den 14- bis 17-Jährigen sind sogar 92 Prozent für diese Umgestaltung.

Weniger Verkehr führt also für viele Menschen zu einer höheren Lebensqualität. Ein Grund dafür ist der Lärm. Mehr als die Hälfte der Befragten fühlt sich von Verkehrslärm gestört und belästigt. Auch deswegen sind sie bereit, öfter auf ihr eigenes Auto zu verzichten. Zwar haben von den Befragten bisher nur vier Prozent Erfahrungen mit Car-Sharing gemacht, doch könnte es sich jeder Fünfte vorstellen. Je höher das Bildungsniveau und das Haushaltseinkommen, desto größer das Interesse.

Barbara Hendricks (SPD), Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sieht darin ein großes Potenzial. „Die Masse der Autos steht 23 Stunden am Tag rum. Ein Car-Sharing Auto kann bis zu elf private Wagen ersetzen.“ Angebote wie diese könnten sich zu einem wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ressourceneffizienz entwickeln, so die Ministerin. Dennoch überwiegen mit 47 Prozent diejenigen, für die Car-Sharing nicht in Frage kommt. Das liege vor allem daran, dass sich die Angebote derzeit auf große und mittelgroße Städte konzentrieren. Befragte aus Städten mit 500 000 und mehr Einwohnern geben am häufigsten an, Car-Sharing schon genutzt zu haben.

Umweltschutz oft im Widerspruch zur sozialen Gerechtigkeit

Ein Schritt, um das Interesse zu erhöhen und so die Verkehrssituation zu verbessern, sei das von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verfasste Car-Sharing-Gesetz, sagte Hendricks. Der Entwurf sieht vor, dass die Kommunen Parkzonen extra für Car-Sharing-Fahrzeuge ausweisen könnten – ähnlich den Taxihalteplätzen.

Bei all den positiven Entwicklungen zeigt die Studie jedoch auch, dass Klima- und Umweltschutz oft noch als Widerspruch zur sozialen Gerechtigkeit gesehen werden. So sei ein Drittel der Befragten dafür, ihn für mehr sozialen Ausgleich einzuschränken, erklärte Hendricks. „Mein Ziel ist es, dass mehr Menschen sagen können: Der Umweltschutz macht unser Land gerechter.“ Denn es seien besonders die sozial Benachteiligten, die unter Lärm und Feinstaub in Städten leiden müssen.

Ihr Programm: Eine soziale Umweltpolitik, die auf Energieeffizienz, den öffentlichen Nahverkehr, mehr Grün in der Stadt und eine lebenswerte Gestaltung von Siedlungen, setze. Denn das sei nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen. Ganz im Sinne des „guten Lebens“.