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Studie Studie: In Deutschland lässt's sich nicht gut sterben

Von Christiane Oelrich 14.07.2010, 06:53

Singapur/dpa. - Die Betreuung sterbender Menschen lässt in vielenLändern zu wünschen übrig. Nicht alle Länder mit hoher Lebensqualitäthelfen Sterbenden, die letzten Tage so würdevoll wie möglich zuverbringen. «Sterbequalität» nennt das die Lien-Stiftung ausSingapur, die 40 Länder danach beurteilen ließ, wie sie mitSterbenden umgehen. Großbritannien kam dabei auf den Spitzenplatz,Deutschland auf Platz 8. Länder wie Finnland, Dänemark, die Schweizund Schweden, deren Gesundheitssysteme als vorbildlich gelten,landeten auf den Plätzen 28, 22 und 19 und 16.

«In vielen hoch entwickelten Ländern ist die medizinischeVersorgung oft zu stark darauf gepolt, den Tod zu verhindern, alsMenschen beim Sterben ohne Schmerzen, Beschwerden und Stress zuhelfen», heißt es in der Studie, die die Stiftung bei dem LondonerInstitut «Economist Intelligence Unit» in Auftrag gab. Tod undSterben gelten oft als Tabu-Themen, über die in der Öffentlichkeitnicht geredet wird. Hospiz-Pflege sei oft als «Aufgeben» verpönt.

Großbritannien schneidet deshalb so gut ab, weil die Gesellschaftdas Thema offen diskutiert, weil Pflegepersonal eigens ausgebildetwird, weil Ärzte ehrlich mit ihren Patienten reden und Schmerzmittelwie Opiate dort leicht zu bekommen sind. Den Vorsprung vor anderenLändern haben die Engländer Cecily Saunders zu verdanken, die mit demersten Hospiz 1967 eine weltweite Bewegung startete.

Auf die folgenden Plätze kamen Australien, Neuseeland,Irland, Belgien, Österreich und die Niederlande vor Deutschland.Schlusslichter waren China, Brasilien, Uganda und Indien.

Viele westliche Länder mit guten Gesundheitssystemen schnittenschlecht ab, weil sie «klar auf eine starke medizinische Versorgungin Krankenhäusern setzen und wenig Wert auf Hospize legen», sagte dieDirektorin des Instituts für Palliativ-Pflege an der Universität vonLancaster in Großbritannien, Sheila Payne den Autoren der Studie. Vorallem in den USA setzten Ärzte oft auf «Heilung um jeden Preis». «Wirsind das Epizentrum der Technologien, die uns erlauben, Menschen 60Tage länger am Leben zu erhalten, ohne dass sich ihr Zustand bessert,aber mit deutlich höheren Kosten», sagte Paul Keckley von der US-Beratungsfirma Deloitte Center for Health Solutions.

Medikamente, die Schmerzen und Beschwerden lindern, gelten alsVoraussetzung für eine befriedigende Pflege der Sterbenden. «Wenn derSchmerz kontrolliert wird, öffnet das die Tore zu allem anderen»,sagt Anne Merriman, Gründerin von Hospice Africa. «Dann können dieMenschen wieder denken und sich mit sozialen, spirituellen undkulturellen Fragen auseinandersetzen.»

Fünf Milliarden Menschen weltweit müssten auf Medikamente zurSchmerzkontrolle verzichten, heißt es in der Studie. «Eines dergrößten Probleme ist, dass manche Regierungen illegalen Drogenkonsumso fürchten, dass es fast unmöglich ist, etwa an Opiate zu kommen»,sagt Payne von der Universität Lancaster.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass mehr Palliativpflege, diedarauf abzielt, die letzten Lebensmonate möglichst schmerz- undstressfrei zu gestalten, die Gesundheitsausgaben senkt. Bei guterambulanter Sterbebegleitung und Hospizpflege würden Todkranke etwaseltener in die Notaufnahme der Krankenhäuser gebracht.