Strafe für Raef Badawi Strafe für Raef Badawi: Saudi-Arabien verschiebt Stockschläge für Blogger

Dschidda - Nach massiven internationalen Protesten hat Saudi-Arabien die öffentliche Prügelstrafe für einen islam-kritischen Blogger ausgesetzt. Die für Freitag geplante Bestrafung von Raif Badawi mit 50 Stockschlägen wurde nach Informationen von Amnesty International aus „medizinischen Gründen“ vertagt. Der 30-Jährige war im Mai zu zehn Jahren Haft und insgesamt 1000 Schlägen verurteilt worden, weil er auf seiner Internet-Seite den Islam beleidigt haben soll. Der Fall löste weltweit Kritik aus.
Die ersten 50 Stockschläge hatte Badawi vergangene Woche nach dem Freitagsgebet vor einer Moschee in der saudischen Hafenstadt Dschidda erhalten. Nach Amnesty-Informationen kam ein Gefängnisarzt am Freitagmorgen zu dem Schluss, dass die Wunden noch nicht ausreichend verheilt seien. Er habe deshalb empfohlen, die Bestrafung erst nächste Woche fortzusetzen. Ob noch andere Gründe hinter der Verschiebung stecken, blieb zunächst unklar.
Saudi-Arabien massiv in der Kritik
Neben Menschenrechtsorganisationen hatten auch viele westliche Regierungen das Vorgehen der saudischen Behörden kritisiert. Das Auswärtige Amt erklärte am Freitag in Berlin: „Eine solche entsetzliche und grausame Strafe entspricht in keiner Weise unserem Verständnis von Menschenrechten.“
Das streng-religiöse Königreich gehört zu den wichtigsten Partnern des Westens in der Golfregion. Mit Sorge wird auch beobachtet, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Saudi-Arabien an Einfluss gewinnt. In dem Zwölf-Millionen-Einwohner-Land liegen die beiden heiligsten Stätten des Islam, die Kaaba in Mekka und die Ruhestätte des Propheten Mohammed in Medina.
Badawis Ehefrau Ensaf Haidar verglich die Stockschläge mit den Anschlägen islamistischer Terroristen in Paris. Die Strafe ähnele dem Angriff auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ bei dem vergangene Woche zwölf Menschen getötet wurden, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Haidar forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Saudi-Arabien auszuüben. Sie lebt mittlerweile in Kanada im Asyl. Kontakt zu ihrem Mann hatte sie seit zwei Wochen nicht mehr.
Lammert kritisiert Menschenrechtsverletzung
Kritik setzt es auch aus Deutschland: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte am Donnerstag in einer Ansprache im Bundestag zu den Anschlägen in Paris Menschenrechtsverstöße auch durch islamische Staaten kritisiert. Nicht nur durch vereinzelte Fanatiker, „auch mit staatlicher Autorität wird im Namen Gottes gegen Mindeststandards der Menschlichkeit verstoßen“, sagte Lammert am Donnerstag. Ausdrücklich verwies er auf Saudi-Arabien, das zwar die Attentate in Paris verurteilt habe, zwei Tage später aber einen Menschenrechtsaktivisten und Blogger habe öffentlich auspeitschen lassen. Die „gut gemeinte Erklärung“, der Islam dürfe nicht mit Islamismus verwechselt werden, „reicht nicht aus, und sie ist auch nicht wahr“, sagte Lammert weiter.
Die Zusammenhänge seien ebenso „offenkundig“ wie die zwischen Kreuzzügen, Inquisition oder Hexenverbrennung und Christentum. Die wichtige Frage, wie so etwas in Zukunft verhindert werden könne, „ist durch Tabuisierung nicht zu beantworten“, mahnte Lammert. Zugleich betonte der Bundestagspräsident: „Unser Gegner ist nicht der Islam, sondern der Fanatismus.“ (dpa, epd)