Steuerskandal Steuerskandal: Auch Italien und Frankreich steigen in Affäre ein
Vaduz/Rom/Paris/dpa. - Die Staatsanwaltschaft in Vaduz leitete Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Informanten des Bundesnachrichtendienstes BND ein. Der BND hatte für rund fünf Millionen Euro gestohlene Daten über Transaktionen mit Banken in Liechtenstein gekauft und so die aktuelle Steueraffäre ins Rollen gebracht.
Weitere «gerichtliche Vorerhebungen» richteten sich gegen unbekannte Täter, teilte die Behörde am Mittwoch in Vaduz mit. Es werde wegen des Verdachtes der Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zugunsten des Auslands sowie des Datendiebstahls ermittelt, hieß es. In diesem Zusammenhang seien auch zwei Rechtshilfeersuchen an die zuständigen Staatsanwaltschaften Bochum und München übermittelt worden. Dabei gehe es auch um die «tatsächliche Identität des Informanten».
Auf einer von Deutschland an Rom übersandten Namensliste stehen etwa 150 Italiener, wie die römische Zeitung «La Repubblica» am Mittwoch berichtete. «In den nächsten Tagen wird die Dokumentation öffentlich gemacht», kündigte der stellvertretende Wirtschaftsminister Vincenzo Visco an. «Es gibt auf der Liste von allem etwas, Steuerhinterziehung in der Höhe von vielen Millionen Euro bis zu einigen Hunderttausend», erklärte Visco. Nach ersten Erkenntnissen stehen Unternehmer, Freiberufler und möglicherweise auch Politiker auf der Liste.
In Frankreich geht es um mehr als 200 Fälle. «Gut 200 Namen» stünden auf einer Liste des Finanzministeriums, schrieb die Zeitung «Le Figaro» am Mittwoch. Die Genannten stünden im Verdacht, Konten in Liechtenstein eröffnet zu haben, um Steuern zu hinterziehen. Bereits am Dienstag hatte die Regierung in Paris bekanntgegeben, von deutschen Ermittlern Informationen «nach gängigen Bedingungen» erhalten zu haben, für diese aber nicht bezahlt zu haben.
In den USA werde gegen rund 100 mutmaßliche Steuersünder ermittelt, berichtete die «New York Times». Das US-Finanzamt habe im vergangenen Jahr Unterlagen aus der liechtensteinischen LGT-Bank von einem nicht näher genannten Informanten erhalten, teilte ein Mitarbeiter dem Blatt mit. Er betonte, dass für die Daten kein Geld bezahlt worden sei. Die Ermittlungen seien bereits in vollem Gang. Auch in Australien durchsuchten Fahnder die Häuser von mutmaßlichen Steuersündern. Der Chef der Steuerbehörde, Michael D'Ascenzo, sagte, die Informationen stammten nicht vom BND. Die australische Steuerbehörde weigere sich, für derartiges Material Geld zu zahlen.
Die spanischen Finanzbehörden teilten mit, sie hätten am vorigen Wochenende von deutscher Seite Informationen erhalten. Diesen gehe man nun nach. Unklar war, um wieviele Verdächtige es sich handelt und um welche Summen es geht.
Die Steueraffäre ist nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nur die Spitze des Eisbergs. Die «größere Herausforderung» in Zeiten der Globalisierung sei der Umgang mit Ländern und Regionen, die versuchten, aus Steuerhinterziehung Profit zu schlagen, heißt es bei der Organisation mit Sitz in Paris. Von ursprünglich sieben Steuerparadiesen auf einer 2002 veröffentlichten Liste seien noch drei übrig: Andorra, Monaco und Liechtenstein.
Monaco ist bereit, die Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu vertiefen. Finanzminister Gilles Tonelli sagte am Mittwoch in Berlin, Monaco wolle nicht abseitsstehen, sobald es einen internationalen Datenaustausch gebe. Dieser Datenaustausch müsse dann aber von allen praktiziert werden.