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Steuerflucht und Geldwäsche Steuerflucht und Geldwäsche: Was wir bisher über die Panama Papers wissen

Von Benjamin Quiring 04.04.2016, 17:22
Panama: Standort der Kanzlei "Mossack Fonseca" und vieler der von ihr gegründeten und verwalteten Briefkastenfirmen.
Panama: Standort der Kanzlei "Mossack Fonseca" und vieler der von ihr gegründeten und verwalteten Briefkastenfirmen. X03028

Die jetzt publik gewordenen Unterlagen einer Kanzlei aus Panama, die sogenannten Panama Papers, verursachen weltweit Wirbel, denn sie bringen 140 Politiker und Prominente mit Briefkastenfirmen in Verbindung. Wir beantworten nachfolgend die wichtigsten Fragen zu der Affäre.

Was sind die Panama Papers?

Ein riesiger, 2,6 Terabyte umfassender Datensatz, der der Süddeutschen Zeitung (SZ) von einem anonymen Whistleblower zugespielt wurde. Mit den Worten „Interessiert an Daten? Ich teile gern“, soll der Informant sich in einem verschlüsselten Chat vor rund einem Jahr in München gemeldet haben. Unter dem Decknamen John Doe soll der Informant den Journalisten dann über Monate verschlüsselt interne Daten der panamischen Kanzlei Mossack Fonseca gesendet haben. Dabei handelt es sich um 11,5 Millionen Dokumente, die ältesten aus den 70er-Jahren, die jüngsten von 2016.

Was sollen die Daten belegen?

Dass die Kanzlei für Prominente aus aller Welt rund 214.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen gegründet hat.

Wie ging die SZ mit den Informationen um?

Sie überprüfte zunächst, ob die Panama Papers echt sind. Als das klar war, entschied man sich, die Dokumente gemeinsam mit dem International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) aufzuarbeiten.

Was ist das ICIJ?

Ein internationales Journalisten-Netzwerk, das bereits die Offshore-Leaks (2013), die Luxemburg-Leaks (2014) und die Swissleaks (2015) koordiniert hat. In Deutschland haben Journalisten des Rechercheverbunds von SZ, NDR und WDR mit den Panama Papers gearbeitet. Weltweit haben sich in den vergangenen zwölf Monaten 400 Journalisten von mehr als 100 Medienorganisationen mit den Dokumenten befasst – und zu den Briefkastenfirmen recherchiert.

Was ist eine Briefkastenfirma?

Zunächst eine Firma wie jede andere auch: etwa eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH. Sie wird jedoch als Briefkastenfirma bezeichnet, weil es an ihrem Sitz gar keine wirtschaftlichen Aktivitäten gibt, sondern eben nur einen Briefkasten. Das ist vielerorts nicht illegal, wenn die Gewinne ordentlich versteuert werden.

Was sind die Vorteile einer solchen Firma?

Briefkastenfirmen erlauben Anonymität: Sie bieten die Möglichkeit einer Verschleierung von Vermögenswerten, Geldflüssen, der wahren Eigentümer und des realen Standortes des Unternehmens. „Eine Briefkastenfirma nutzt man, um eine Zwiebel an Schichten von Rechtspersonen übereinanderzulegen, bis der eigentliche Besitzer des Geldes nicht mehr zuzuordnen ist“, sagt der Steuerexperte Markus Meinzer von der internationalen Nichtregierungsorganisation Netzwerk Steuergerechtigkeit.

Warum werden Briefkastenfirmen gegründet?

Briefkastenfirmen dienen oft dazu, Geld zu verstecken, es reinzuwaschen oder Steuern zu hinterziehen. Das Geld stammt zum Beispiel aus Erbschaften, Schmiergeldzahlungen oder illegalen Geschäften.

Welche Vorteile hat die Gründung einer Briefkastenfirma zum Beispiel in Panama?

Panama gilt als klassische Steueroase. 350 000 Briefkastenfirmen soll es dort dem Netzwerk Steuergerechtigkeit zufolge geben, das ist die dritthöchste Zahl nach Hongkong und den britischen Jungferninseln. Panama habe extrem laxe Finanzgesetze und entziehe sich den internationalen Bemühungen um mehr Transparenz. Daher werde es besonders gern für die Geldwäsche genutzt.

Sind auch deutsche Banken in die aktuelle Affäre verwickelt?

Die Deutsche Bank und die Privatbank Berenberg jedenfalls bestätigten am Montag Geschäfte im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen im Ausland. Zugleich betonten sie aber die Rechtmäßigkeit der Vorgänge.

Sind deutsche Banken erstmals unter Verdacht?

Nein, bereits vor zwei Jahren waren deutschen Behörden Daten aus der Kanzlei Mossack Fonseca verkauft worden. Aus diesem Datensatz, der wohl einige Hundert Briefkastenfirmen in Steueroasen betraf, ließen sich Verbindungen zu deutschen Banken zurückverfolgen. Deutsche Fahnder durchsuchten daraufhin Anfang 2015 Büros und Wohnungen von etwa 100 Personen sowie die Zentrale der Commerzbank. Ins Blickfeld gerieten auch die Hypovereinsbank sowie die staatliche HSA Nordbank.

Was haben die Fahnder damals herausgefunden?

Sie stießen auf folgendes Geschäftsmodell: Über Luxemburger Töchter der deutschen Institute sollen den Bankkunden etwa bis 2010 von Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen vermittelt worden sein. Diese traten dann als Inhaber von Konten in Europa auf, die wahren Inhaber blieben unerkannt. Das Ziel der Operation war, Geld vor dem Staat verstecken. Bei den Ermittlungen kooperierten die deutschen Banken offenbar mit den Behörden: Die Ermittlungen gegen die Institute wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurden gegen vergleichsweise geringe Geldbußen eingestellt: Die drei Banken zahlten dem Vernehmen nach jeweils um die 20 Millionen Euro.