Steinbrück muss sich bei Steueroasen abstimmen
Berlin/dpa. - Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird die Entscheidung über die umstrittene Nennung von Steueroasen künftig nicht im Alleingang treffen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch in Berlin eine geänderte Verordnung zum Kampf gegen Steuerflucht.
Demnach sollen das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium beteiligt werden. Steinbrück ließ offen, welche Länder als Steueroasen gelten sollen. «Das werde ich um Himmels Willen jetzt heute aus der Hüfte nicht benennen, zumal so etwas auch abgestimmt sein will.» Er kündigte Gespräche mit der Schweiz über ein Abkommen zum Austausch von Steuerinformationen noch im August an.
Die Verordnung, über die der Bundesrat möglicherweise am 19. September entscheidet, soll ein bereits beschlossenes Gesetz gegen Steuerflucht in die Tat umsetzen. Dabei geht es um Staaten und Regionen, die nicht kooperieren bei der Aufdeckung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug und die die Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nicht anerkennen wollen. Sie sollen in einer Liste aufgeführt werden. Der Zeitpunkt ist - wie die Auswahl der Länder - noch offen.
Als Steueroasen bezeichnete Länder sollen «im Einvernehmen» mit den beiden Ministerien und mit Zustimmung der Länder-Finanzbehörden in einem gesonderten Schreiben veröffentlicht werden, heißt es in der Verordnung, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt. Acht Wirtschaftsverbände hatten im Juli davor gewarnt, dass Steinbrücks Ministerium allein darüber entscheidet.
Steinbrück wies die Kritik zurück. «Dass ich eine solche Liste abstimme mit dem Auswärtigen Amt und auch mit dem Wirtschaftsministerium, musste mir nicht abgerungen werden, sondern ist selbstverständlich», sagte er. Offenbar habe es einen ersten Verordnungsentwurf auf Arbeitsebene seines Hauses gegeben, in dem die Ressortkontakte nicht vereinbart worden seien.
Das Ziel ist nach Steinbrücks Angaben, dass Kapital ordentlich versteuert wird, bevor es verlagert wird. Die Gewinne müssten den Bedingungen der Doppelbesteuerungsabkommen entsprechen. Es gehe ihm nicht darum, legale Anlagen im Ausland zu bestrafen. «Das ist kein Bagatelldelikt. (...) Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass das eine dreistellige Milliardensumme sein könnte.» Bund, Ländern und Kommunen gingen Einnahmen für Investitionen verloren. Steinbrück hält Spielräume für Steuerentlastungen für denkbar, wenn es keine Steuerflucht gäbe.
Mit der Schweiz ist nach Steinbrücks Worten für August die Aufnahme von Verhandlungen auf Arbeitsebene verabredet. Deutschland und die Schweiz seien sich einig, «dass es um die Akzeptanz, um die Verabredung der Standards nach dem OECD-Musterabkommen geht». Mit Luxemburg liefen Verhandlungen zu einem Änderungsprotokoll des Doppelbesteuerungsabkommens.
Die Eindämmung von Steueroasen sei gut vorangekommen, sagte der Finanzminister. Inzwischen seien Abkommen mit Guernsey, der Isle of Man und mit Bermuda unterzeichnet, ein Papier mit Gibraltar stehe kurz vor dem Abschluss. Gespräche mit den Cayman Islands seien abgeschlossen, mit den Niederländischen Antillen, den Bahamas, den Britischen Jungferninseln liefen Verhandlungen. Bei der Türkei und Brasilien sieht Steinbrück «nicht das Entgegenkommen und das Interesse», Doppelbesteuerungsabkommen neu zu verhandeln.