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Steigende Terrorgefahr Steigende Terrorgefahr: Uneinigkeit über Bundeswehr-Einsätze in Deutschland

Von Markus Decker 19.11.2015, 18:05

Berlin - Trotz der bestehenden Terrorgefahr lehnen die Sicherheitsbehörden Forderungen aus der Union nach einem verstärkten Einsatz der Bundeswehr im Inland ab. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, reagierte am Donnerstag sehr skeptisch. „Ich glaube, dass uns das aktuell nicht weiterhelfen würde“, sagte er bei der Herbsttagung seiner Behörde in Mainz. „Wir müssen mit Einheiten arbeiten, die auf Knopfdruck wissen, was zu tun wäre.“ Bei einem größeren Engagement der Bundeswehr gäbe es auch mehr Koordinierungsbedarf. „Das halte ich nicht für einen klugen Schritt.“

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt plädierte hingegen für mehr Befugnisse der Bundeswehr im Innern. „Wenn dafür die verfassungsrechtliche Grundlage verändert werden müsste, sollten wir davor nicht zurückschrecken“, sagte sie der Rheinischen Post. Bisher kann die Bundeswehr bei schweren Unglücksfällen oder Naturkatastrophen in Deutschland eingesetzt werden. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält eine solche Konsequenz aus den Anschlägen in Paris für bedenkenswert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) äußerte sich dazu gestern nicht.

Debatte wird seit den Anschlägen vom 11. September regelmäßig geführt

BKA-Chef Münch sieht die Polizei trotz steigender Herausforderungen „gut ausgestattet“. Seit den Pariser Attacken vom Januar sei ein Katalog aufgestellt worden, der auch den Aufbau robuster Einheiten der Bundespolizei und eine Aufstockung des Personals beinhalte, sagte er. „Wir müssen immer schauen: Wird das ausreichen?“ Die Debatte über Bundeswehr-Einsätze im Innern wird seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 regelmäßig geführt – im Wesentlichen ergebnislos.

De Maizière erläuterte gestern, dass sich die erste der neuen Anti-Terror-Einheiten der Bundespolizei derzeit in der Ausbildung befinde und demnächst einsatzbereit sei; weitere würden folgen. Die entsprechenden Haushaltsmittel dafür stünden ab 2016 bereit. Es handele sich um Einheiten, die in bestehenden Einsatzhundertschaften der Bundespolizei integriert blieben und in besonderen Terrorlagen aus ihnen herausgelöst würden.

Die erste Teileinheit mit zirka 50 Polizisten wird in Blumberg bei Berlin stationiert sein. Über weitere Standorte ist noch nicht entschieden. Insgesamt ist an eine Größe von bis zu 250 Beamten gedacht. Bereits nach den Pariser Terrorattacken vom Januar war man im Bundesinnenministerium zu der Einschätzung gelangt, für komplexe, binnen kurzer Zeit aufeinander folgende Anschläge nicht ausreichend gewappnet zu sein. Darin sieht man sich nun trotz der Kritik vom Frühjahr bestätigt. Die Kritiker hatte unter anderem auf die seit den Zeiten des RAF-Terrors bestehende GSG 9 verwiesen und erklärt, dass man neue Spezialeinheiten auch heute nicht benötige.

De Maizière dementiert Medienbericht über geplante Detonationen in Hannover

Der Bundesinnenminister hatte hingegen bereits am Mittwochabend im ZDF deutlich gemacht, dass mit länger andauernden Bedrohungen zu rechnen sei. Da gehe es nicht bloß um Tage oder Wochen. Der BKA-Präsident äußerte sich gestern ähnlich.

De Maizière lehnte unterdessen eine Stellungnahme zu einem Bericht der Bild-Zeitung von gestern ab. Das Boulevardblatt hatte gemeldet, dass während des dann abgesagten Länderspiels Deutschland gegen die Niederlande am Dienstagabend in Hannover mehrere Sprengsätze innerhalb des Stadions und eine Bombe in der Innenstadt Hannovers hätten detonieren sollen. Die Sprengsätze sollten demnach in einem Rettungswagen in das Stadion geschmuggelt werden. Nach Mitternacht sei ein weiterer Anschlag in Hannover geplant gewesen. Und der Anführer der Gruppe, so Bild, habe die ganze Aktion im Stadion filmen sollen.

Der Minister sagte, er wolle das weder bestätigen noch dementieren. Der Bericht passt aber zu einer Meldung vom Dienstagabend, wonach ein Rettungswagen mit Sprengstoff unweit des Stadions gestanden habe. Nach Informationen der Berliner Zeitung zitiert Bild aus vertraulichen Dokumenten, die durch undichte Stellen in den Sicherheitsbehörden herausgesickert sind. Was das Boulevardblatt schreibt, sagt gleichwohl nichts darüber aus, wie konkret die Gefahr tatsächlich gewesen ist.