Stastistik für 2004 Stastistik für 2004: 10,6 Millionen Menschen gelten als von Armut bedroht
Berlin/dpa. - In Deutschland sind 13 Prozent der Bürger von Armut bedroht oder arm. Im Jahr 2004 seien 10,6 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Kinder unter 16 Jahren, betroffen gewesen, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Berlin mit. Die Gefahr von Armut sei im europäischen Vergleich aber unterdurchschnittlich, sagte der Vizepräsident des Amtes, WalterRadermacher. In Irland und Portugal sei jeder Fünfte (21 Prozent) imJahr 2003 von Armut bedroht gewesen.
In Deutschland sind der Erhebung «Leben in Europa» zufolge vorallem junge Menschen, Alleinerziehende, Arbeitslose und Menschen ohneSchulabschluss betroffen. In den neuen Bundesländern ist dieArmutsgefährdung mit 17 Prozent deutlich höher als in Westdeutschlandmit 12 Prozent.
Als armutsgefährdet gelten Menschen, die 2004 pro Monat wenigerals 856 Euro hatten, das sind 60 Prozent des mittleren Einkommens von 1427 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern ist demnach armutsgefährdet, wenn ihr weniger als 1798 Euro zur Verfügung stehen. Als arm werden Menschen bezeichnet, die jeden Monat weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens haben. Dies seien in Deutschland etwa 4 Prozent,sagte Thomas Körner vom Statistischen Bundesamt.
«Armutsrisiken sind vor allem Arbeitslosigkeit und fehlendeBildungsabschlüsse», sagte Radermacher. Mehr als 40 Prozent derArbeitslosen und jeweils ein Viertel der Menschen ohne abgeschlosseneSchul- oder Berufsausbildung seien von Armut bedroht, von denErwerbstätigen dagegen nur 5 Prozent. Auch in Familien vonAlleinerziehenden ist das Armutsrisiko besonders groß: Fast einDrittel (30 Prozent) lebt unter der Armutgefährdungsgrenze, beiFamilien mit einem Kind sind es nur 7 Prozent.
Arme oder von Armut Bedrohte müssen der Erhebung zufolge auf vielegrundlegende Dinge verzichten: Mehr als ein Fünftel (22 Prozent)dieser Menschen lebt in Wohnungen mit Baumängeln und geht trotzgesundheitlicher Probleme wegen der zusätzlichen Kosten nicht zumArzt. 14 Prozent müssen im Winter beim Heizen sparen.
Ohne soziale Transferleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe,Wohngeld oder Kindergeld wäre der Untersuchung zufolge sogar fast einViertel (24 Prozent) der Bevölkerung armutsgefährdet. Es sei aberoffenkundig, dass die Sozialleistungen nicht ausreichten, umMillionen Menschen wirksam vor Armut zu schützen, sagte diesozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katja Kipping. «Wirbrauchen eine bedarfsorientierte und repressionsfreieGrundsicherung.»
Mit der Untersuchung gibt es den Angaben des StatistischenBundesamtes zufolge erstmals EU-weit vergleichbare Datenquellen überEinkommen, Armut und Lebensbedingungen. Die Statistik wird seit 2005in allen EU-Länder sowie in Norwegen und Island erhoben. Aus denanderen Ländern seien allerdings noch keine Daten für dasErhebungsjahr 2005 verfügbar. In Deutschland wurden rund 25 000Menschen befragt.
