Stasi-Unterlagen Stasi-Unterlagen: Interesse an DDR-Geschichte wächst wieder
Berlin/dpa. - Ihre Behörde habeim vergangenen Jahr rund 97 000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht erhalten. Das entspreche einer Steigerung um 20 Prozent im Vergleichzum Jahr 2005, sagte Birthler bei der Vorstellung ihres aktuellenTätigkeitsberichts am Dienstag in Berlin. Dieser Trend setze sichauch in diesem Jahr fort. Derzeit gingen jeden Monat rund 7000Anträge auf persönliche Akteneinsicht ein. Zudem spiegele sich dasgewachsene Interesse in dem großen Zuspruch, den Veranstaltungenihrer Behörde und anderer Institutionen der Aufarbeitung der DDR-Diktatur fänden.
Zu den Gründen für das wiedererwachte Interesse sagte Birthler,viele DDR-Bürger hätten erst einer «Sicherheitsabstand» zu ihrenfrüheren Erlebnissen überwinden müssen. Zudem beginne jetzt einenachgeborene Generation, Fragen an die Eltern zu stellen. Auch einMedienereignis wie der Oscar-prämierte Spielfilm «Das Leben derAnderen» über die Wandlung eines Stasi-Offiziers könnte eine Anregunggewesen sein.
Birthler bekräftigte ihre Überzeugung, dass die Aufarbeitung derDDR-Geschichte eine Angelegenheit von Generationen sei. «Ich finde esimmer lächerlich, wenn Leute nach 17 Jahren einen Schlussstrichfordern», sagte die Bundesbeauftragte. Nach ihrer Bilanz haben seitGründung ihrer Behörde 1,6 Millionen Menschen persönlicheAkteneinsicht beantragt. Zudem waren 1,75 Millionen Anträge aufStasi-Überprüfungen zu bearbeiten.
Zum Streit um die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter inihrer Behörde sagte Birthler, «ich finde, dass diesePersonalentscheidungen nicht glücklich waren.» Sie seien jedochnachträglich nicht zu korrigieren. Zudem gebe es keinen Anlass, ander Loyalität dieser Mitarbeiter gegenüber der Behörde zu zweifeln.Einem von Kulturstaatsminister Bern Neumann (CDU) in Auftraggegebenen Gutachten zufolge arbeiten derzeit noch 56 ehemaligeMitarbeiter der DDR-Staatssicherheit seit Anfang der 1990er Jahre inder Birthler-Behörde.
Birthler sprach von einer personellen Hypothek ihrer Behörde.Bereits zwischen 1993 und 1998 seien immer wieder Diskussionen überdie Beschäftigung frühere Stasi-Angehöriger aufgeflammt. Auch siehabe damals mit ihrem Amtsvorgänger Joachim Gauck über diese Fragegestritten. Doch Gauck habe seine Gründe für deren Einstellunggehabt, sagte Birthler. Sie hatte kürzlich dem Bundesinnenministeriumdie Verantwortung dafür gegeben, dass Bundestag und Öffentlichkeitüber die tatsächliche Zahl früherer Stasi-Angehöriger in der Behördeim Unklaren gelassen wurden. «Ich fühle mich in meiner Arbeit vonNeumann unterstützt», sagte Birthler.