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Stasi-Hochschule Potsdam Stasi-Hochschule Potsdam: Grüne wollen Doktor-Titel der Stasi prüfen lassen

15.11.2013, 07:56
Ein Exemplar einer Doktorarbeit liegt in Giessen auf einem Tisch. Brandenburgs Grüne wollen über 400 Doktorarbeiten von ehemaligen Stasi-Kadern überprüfen lassen.
Ein Exemplar einer Doktorarbeit liegt in Giessen auf einem Tisch. Brandenburgs Grüne wollen über 400 Doktorarbeiten von ehemaligen Stasi-Kadern überprüfen lassen. dpa Lizenz

Potsdam/Berlin/dpa - Mehr als 400 Doktorarbeiten früherer Stasi-Funktionäre sollen nach dem Willen der brandenburgischen Grünen-Fraktion auf den Prüfstand. Die juristischen Dissertationen an der ehemaligen Stasi-Hochschule in Potsdam-Golm genügten „in keinster Weise“ den wissenschaftlichen und moralischen Ansprüchen, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Im Prinzip müssten die Titel aberkannt werden. Die Fraktion habe sich an die Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen gewandt.

Die Juristische Hochschule in Golm war laut Behörde die „Kaderschmiede“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und dessen zentrale Bildungs- und Forschungsstätte. Die meisten Doktoranden waren Offiziere des MfS oder andere lang gediente Mitarbeiter.

Absolventen: Mielke, Neiber, Schalk-Golodkowski

Promoviert wurden an der Hochschule die Stellvertreter von Stasi-Chef Erich Mielke, Gerhard Neiber und Wolfgang Schwanitz, sowie DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski. Dessen Thema lautete: „Zur Bekämpfung der imperialistischen Störtätigkeit auf dem Gebiet des Außenhandels“. Andere befassten sich mit „sozialistischer Menschenführung“ oder den besten Methoden beim Verhör von Dissidenten.

Die Grünen kritisieren auch, wie die Promotionen zustande kamen. So wurde ein Großteil der Dissertationen in Teamarbeit erstellt. Zudem hätten einige Arbeiten nur wenige Seiten umfasst, sagte der Grünen-Fraktionschef. „Das entspricht vielleicht Abitur-Niveau, berechtigt aber nicht zum Tragen eines Doktortitels.“ Auch rund 24 Jahre nach dem Fall der Mauer tragen noch etliche der einstigen Stasi-Juristen den juristischen Doktortitel. „Eigentlich sollten sie alle freiwillig auf ihren Doktor verzichten“, sagte Vogel.

Die Stasi-Unterlagen-Behörde begrüße den Vorstoß der Grünen ausdrücklich, sagte Sprecherin Dagmar Hovestädt. Denkbar sei etwa eine Veröffentlichung der damals als geheim eingestuften Dissertationen. Gleichzeitig verwies Hovestädt auf den Einigungsvertrag von 1990. Danach dürfen Doktortitel nicht nachträglich aberkannt werden.

Stasi-Absolventen dürfen nicht juristisch arbeiten

Absolventen der Juristischen Hochschule ist im vereinigten Deutschland allerdings untersagt, einen staatlich anerkannten juristischen Beruf auszuüben. Die Hochschule in Potsdam-Golm wurde aufgelöst.

Wie viele Ex-Stasi-Kader sich heute noch mit dem Titel Dr. jur. schmücken, ist unklar. Das Brandenburger Wissenschaftsministerium verwies ebenfalls auf den Einigungsvertrag. „Politisch kommentieren“ werde man die Forderungen der Opposition nicht, sagte ein Ministeriumssprecher.

Axel Vogel, Vorsitzender der Grünen-Fraktion Brandenburg
Axel Vogel, Vorsitzender der Grünen-Fraktion Brandenburg
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