Stasi-Akten Stasi-Akten: Ruf nach Überprüfung im Westen wird lauter

Naumburg/Köln/dpa. - In Berlin und Thüringen sind bereits neue Überprüfungen geplant. Eine generelle Überprüfung aller Mandatsträger, wie sie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) gefordert hatte, stieß jedoch auf Widerspruch. Der sächsische Justizminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, eine erneute vollständige Überprüfung in Ost und West wäre zu aufwendig, aber beispielsweise Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie Minister sollten einbezogen werden. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen.
Die Rosenholz-Daten der Auslandsabteilung der Stasi- Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) waren nach 1989 in einer Geheimdienstoperation namens «Rosewood» (Rosenholz) auf ungeklärte Weise in den Besitz des US-Geheimdiensts CIA gelangt. Unlängst wurden die Daten an Deutschland zurückgegeben und werden nun ausgewertet.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz lehnte die Forderung, alle Politiker einer Stasi-Überprüfung zu unterziehen, im Berliner «Tagesspiegel» (Montag) als «Zwangsscreening» ab. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Eckart von Klaeden, plädierte in der «Thüringer Allgemeinen» (Dienstag) für eine freiwillige Selbstüberprüfung aller Parlamentarier. Ähnlich äußerte sich die Innenexpertin der Grünen-Fraktion, Silke Stokar, im «Tagesspiegel» (Dienstag). Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, will in seiner Fraktion für einen neuen Antrag auf Überprüfung möglichst aller Mitglieder werben.
Im Streit mit Wallraff sagte Birthler zu den Vorwürfen von dessen Verteidiger Helmuth Jipp der dpa: «Die Argumentation des Anwalts stimmt hinten und vorne nicht.» Ihre Behörde halte die Einschätzung aufrecht, dass Wallraff als IM erfasst war und dass es ernst zunehmende Hinweise auf eine aktive Tätigkeit Wallraffs als Stasi- Informant für den Zeitraum 1968 bis 1971 gebe.
Die Argumentation des Anwalts, wonach Wallraff als so genannte A- Quelle der Stasi von dieser abgeschöpft worden sei, sei nicht zu halten. Jipp hatte gesagt: «Als A-Quelle wurde niemals derjenige bezeichnet, der selber abschöpfte.» Mit ihrer Interpretation verletze die Bundesbeauftragte ihr Gebot der Neutralität. Dies wies Birthler zurück.
Wallraff betonte in Köln, er habe keine Unterlagen oder Berichte an die DDR-Staatssicherheit geliefert. Er räumte jedoch Naivität im Umgang mit DDR-Behördenvertretern ein. Seine Besuche in der DDR hätten ausschließlich Recherchen gedient, zum Beispiel über Nazi- Größen. «Niemals bin ich bei meinen Kontakten zu Offiziellen der DDR irgendwelche Verpflichtungen eingegangen. Ebenso wenig habe ich ihnen Unterlagen oder Berichte geliefert.»
In Suhl ersuchte unterdessen der Leiter der dortigen Polizeidirektion, Volker Hausdorf, wegen gegen ihn erhobener Stasi- Vorwürfe um seine sofortige Entlassung. Das Thüringer Innenministerium werde dem Gesuch stattgeben, teilte das Ministerium mit. Hausdorf soll jahrelang als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi gearbeitet haben
