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Spenden-Affäre Spenden-Affäre: Möllemann will FDP nicht verlassen

27.11.2002, 14:51
Es brachte den Stein ins Rollen: In diesem aus ungeklärten Quellen finanzierten Faltblatt kritisiert Jürgen Möllemann die israelische Regierung und den Vize-Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman. (Foto: dpa)
Es brachte den Stein ins Rollen: In diesem aus ungeklärten Quellen finanzierten Faltblatt kritisiert Jürgen Möllemann die israelische Regierung und den Vize-Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Münster/dpa. - Jürgen Möllemann will sich dem Druck der FDP-Führung nicht beugen und die Partei wegen seiner Finanzaffäre nichtfreiwillig verlassen. Ein Parteiausschlussverfahren gegen denehemaligen Vize-Vorsitzenden der Freidemokraten scheint damitunausweichlich. Für den Fall eines Ausschlusses spielte Möllemann mitdem Gedanken, eine neue Partei zu gründen.

   Möllemann sagte am Mittwoch der dpa in Münster: «Ich hoffe, dassich von der Partei nicht dazu gezwungen werde.» Die Aufforderung desParteipräsidiums an ihn, aus der FDP auszutreten, sei hoffentlichnoch nicht das letzte Wort. Er bot Parteichef Guido Westerwelleerneut das Gespräch an. Möllemann ging am Mittwoch nach fast achtWochen des Schweigens in die Offensive.    

Westerwelle lehnte das Gesprächsangebot Möllemanns ab. Möllemannwolle aus seiner Täterschaft eine Opferrolle machen, sagte derParteichef dem Berliner «Tagesspiegel» (Donnerstag). «Wir habenentschieden. Die Tür für Jürgen Möllemann ist zu.» Wenn Möllemannnicht aus der Partei austrete, gebe es ein Ausschlussverfahren.

Gelassen reagierte Westerwelle auf Möllemanns Überlegungen zueiner Partei-Neugründung. In den Jahrzehnten seit der Gründung derFreien Demokraten habe es immer wieder «verirrte und selbstverliebteAbspaltungsversuche» gegeben. «Das sind alles Eintagsfliegen gewesen.Wenn Jürgen Möllemann diesen Schritt geht, wird er sich wundern, wiewenige mit ihm gehen.»

Möllemann hatte dem Magazin «Stern» gesagt: «Sie wissen so gut wieich, dass die Neugründung einer Partei, die sich liberalen Zielenverbunden fühlt, das Ende der FDP wäre. Zwei Parteien werden es nichtnebeneinander schaffen.»

   FDP-Schatzmeister Günter Rexrodt sagte im ZDF, mit einer neuenPartei werde Möllemann «null Chance» haben. Diese Einschätzung teilteauch der Hamburger Parteienforscher Joachim Raschke. Eine eigenePartei Möllemanns würde aber der FDP schaden, sagte Raschke in einemdpa-Gespräch. «Die Partei hätte kein zugkräftiges Thema, aber auchkeine Gelegenheit.» Zudem sei Möllemann noch viel zu «moderat, um einerfolgreicher Rechtspopulist zu sein». Der DüsseldorferParteienforscher Martin Morlok traute hingegen in den «StuttgarterNachrichten» Möllemann zumindest vorübergehend «durchaus spektakuläreWahlergebnisse» zu.

   Die Staatsanwaltschaft Münster will gegen den früheren FDP-Vizeein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehungeröffnen. Das erfuhr dpa aus dem nordrhein-westfälischen Landtag.Anlass ist der Verdacht, Möllemann habe rund eine Million Euro aufeinem Konto in Luxemburg nicht versteuert. Die StaatsanwaltschaftDüsseldorf ermittelt gegen den 57-Jährigen bereits wegen möglicherVerstöße gegen das Parteiengesetz im Zusammenhang mit derFinanzierung seines umstrittenen Wahlkampf-Faltblatts.

   Ausweichend äußerte sich Möllemann zu Vorwürfen, er sei auch dafürverantwortlich, dass schon in den Jahren 1999 und 2000 auf den Kontender nordrhein-westfälischen FDP Spenden in Höhe von rund 580 000 Euroverschleiert worden seien. Darüber habe er «nur spekulativeMedieninformationen». Für die Finanzen der Landespartei sei er nichtallein verantwortlich gewesen.

Möllemann ließ offen, ob Westerwelle vorab über sein umstrittenesWahlkampffaltblatt mit Kritik an der israelischen Nahost-Politik undan Michel Friedman vom Zentralrat der Juden in Deutschland informiertwar. Das sei eine eigenverantwortliche Aktion gewesen, die niemandanders abgesegnet habe. Er wolle Westerwelle «nicht in dieVerantwortung einbeziehen», sagte er dem «Stern».

Der Ex-Geschäftsführer der nordrhein-westfälischen FDP, Hans-Joachim Kuhl bestritt, Urheber einer E-Mail zu sein, in der für dieGründung eines «neuen liberalen Projekts» geworben wurde. Die«Financial Times Deutschland» berichtet über dieses angeblicheSchreiben in ihrer Donnerstagausgabe. Kuhl, der als Möllemann-Vertrauter gilt, sagte der dpa: «Falls eine derartige E-Mailkursiert, ist sie eindeutig nicht von mir. Ich habe weder per E-Mailnoch per Brief oder sonst wie für eine Abspaltung von der FDPgeworben.» Kuhl war wegen der Finanzaffäre von der FDP entlassenworden.

FDP-Schatzmeister Günter Rexrodt am Dienstag in Berlin (Foto: dpa)
FDP-Schatzmeister Günter Rexrodt am Dienstag in Berlin (Foto: dpa)
dpa