SPD THÜRINGEN

25.10.2004, 07:42

Bad Langensalza/dpa. - Der Countdown für das lang erwarteteDuell läuft. Wenn die Thüringer SPD am 30. Oktober in Bad Langensalzaüber die Zukunft ihres Landeschefs Christoph Matschie entscheidet,schlägt auch die Stunde seiner Kritiker. Allen voran gilt derehemalige Landesvorsitzende Richard Dewes als Widersacher. Doch ob esbei der Vorstandswahl tatsächlich zum «High Noon» kommt, ist sehrungewiss. Denn die meisten in der Partei sehen derzeit keineAlternative zu Landes- und Fraktionschef Matschie.

«Warum soll er uns nicht beweisen, dass er es kann?», fragt dieNordhäuser SPD-Kreischefin und Dewes-Vertraute Dagmar Becker. «Erwird kritisch beäugt, aber wir werden ihn nicht im Regen stehenlassen.» Nach der Schlappe der SPD bei der Landtagswahl im Juni klangdas noch anders. Mehrere Vorstandsmitglieder legten dem 43 Jahrealten Rotschopf Matschie einen Rücktritt nahe, doch nach mehrerenKrisensitzungen entschied sich der Ex-Bundestagsabgeordnete fürThüringen. Einige Kreisverbände schlugen danach eine Doppelspitze vor- der Landeschef sollte nur noch Fraktionschef sein. Der Vorschlaghatte keine Chance: Die Landräte, die für die Nachfolge Matschies insGespräch kamen, erteilten der Idee gleich eine Absage.

Acht Mitglieder des Landesvorstands legten dann ein Papier vor,das Matschie und den Reformkurs der Bundesregierung scharfkritisierte. Der Vorwurf: zu viel Ja für die Reformen und zu vielNein zur PDS vor der Landtagswahl. SPD-Landesvize Andreas Bauseweinzählte zwar zu den Verfassern des Papiers, mahnte aber dennochGeschlossenheit an: «Es geht nur gemeinsam.» Schlimmer konnte es fürdie Partei auch kaum kommen: Erst das Debakel bei der Landtagswahl imJuni mit 14,5 Prozent der Stimmen, dann interner Streit in Partei undFraktion. Matschie wurde mit nur 60 Prozent Zustimmung Fraktionschef.Da war es ein schwacher Trost, dass die SPD in Sachsen bei derLandtagswahl schlimmer dran war.

Thüringens SPD-Chef versuchte, die Kritiker einzubinden und legteeinen gemeinsamen Antrag für den Parteitag vor. Mit einem Kurs dersozialen Gerechtigkeit will er nun einen Neuanfang wagen. Der SPD-Arbeitnehmerflügel AfA stellt sich trotz Kritik in der Vergangenheithinter Matschie. «Ich halte das für eine große Kehrtwende», sagt dergerade wiedergewählte AfA-Landeschef Frank Weber. «Ich sehe keineAlternative personeller Art.» Dagmar Becker hält dagegen andere Namenan der Spitze als Matschie für möglich. Aber: «Im Moment ist keineWechselstimmung da.»

Matschie scheut - wie er sagt - nicht vor einem Duell zurück:«Jeder, der in Zukunft in der Führungsspitze der SPD mitmachen will,muss sich der Wahl stellen.» Er hat bereits die Bürgermeisterwahlenund die Bundestagswahl 2006 im Blick. «Wir kommen nur auf die Füße,wenn wir zusammenhalten.» Sein Vorgänger Dewes sagte nach derLandtagswahl: «Ich werde ihn ... unterstützen, soweit ich es kann.»Um zwölf Uhr mittags wird am 30. Oktober vermutlich feststehen, wieer das gemeint hat.