SPD-Politikerin SPD-Politikerin: Regine Hildebrandt ist tot
Potsdam/Peking/dpa. - «Sie ist die Stimme vieler Ostdeutscher gewesen, die sichunverstanden und mitunter ohnmächtig fühlten», sagte BundespräsidentJohannes Rau. «Wir werden ihre couragierte Mitmenschlichkeit undihren fröhlichen Mut in Erinnerung bewahren.» Hildebrandt hatte 1996von ihrer Brustkrebserkrankung erfahren und war seitdem mitzahlreichen Chemotherapien behandelt worden. Nach Bekanntwerden derTodesnachricht kondolierten hunderte Bürger aus ganz Deutschland imInternet. Hildebrandt starb im Kreis ihrer Familie in Woltersdorf beiBerlin.
Hildebrandt gehörte von April bis August 1990 als Ministerin fürArbeit und Soziales der DDR-Regierung von Lothar de Maiziere (CDU)an. Nach der Wiedervereinigung wurde die promovierte Biologin imNovember 1990 Sozialministerin im Brandenburger Kabinett vonMinisterpräsident Manfred Stolpe (SPD). Jahrelang führte Hildebrandt,die 1991 «Frau des Jahres» wurde, die Meinungsumfragen in Brandenburgals populärste Politikerin an.
Als sich Stolpe nach der Landtagswahl 1999 für eine Koalition mitder CDU entschied, legte Hildebrandt ihr Landtagsmandat nieder undschied aus dem Kabinett aus. Zuvor hatte sie sich vehement für einRegierungsbündnis mit der PDS ausgesprochen, um ihre Sozialpolitikfortführen zu können.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nannte Hildebrandt eine«Politikerin des Volkes» und würdigte ihre Entschlossenheit undTatkraft: «Diese Haltung hat vielen Ostdeutschen das Selbstwertgefühlzurückgegeben, das durch eine als ungerecht und verfehlt empfundeneVereinigungs- und Abwicklungspolitik tief verletzt war.» Schröderwill an der Trauerfeier am 4. Dezember in der Potsdamer Nikolaikircheteilnehmen.
Stolpe reagierte tief betroffen auf die Nachricht vom Tod derPolitikerin, die ihn auf einer China- und Japanreise erreichte.«Regine Hildebrandt war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Sieüberzeugte durch ihre Glaubwürdigkeit, ihre Courage und ihrenunermüdlichen persönlichen Einsatz für die Schwächeren in derGesellschaft», sagte Stolpe. «Die Brandenburger und auch vieleMenschen in ganz Deutschland haben Regine Hildebrandt unendlich vielzu verdanken.»
Von Unionsseite zollten unter anderem Sachsens MinisterpräsidentKurt Biedenkopf, die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel sowieBrandenburgs CDU-Vorsitzender und Innenminister Jörg Schönbohm derVerstorbenen Respekt. «Sie war eine tapfere Frau und hat sich selbstnicht geschont», sagte Schönbohm.
Erst vor einer Woche war Hildebrandt auf dem SPD-Parteitag inNürnberg mit dem besten Stimmenergebnis wieder in den Vorstandgewählt worden. Dort machte sie sich vor allem für die Belange desOstens stark und wirkte mehrere Jahre in der Arbeitsgruppe «Zukunftder Arbeit» mit. Eines ihrer Ziele war die Angleichung derLebensverhältnisse in Ost und West.
Bereits vor der Wende engagierte sich die Politikerin in derBürgerbewegung «Demokratie jetzt». Im Oktober 1989 trat sie derfrisch gegründeten sozialdemokratischen Partei in Ostdeutschlandbei. 1993 erhielt sie den Gustav-Heinemann-Bürgerpreis und die «Hamm-Brücher-Medaille für den unabhängigen Politiker». Bei der Feier zuihrem 60. Geburtstag im April dieses Jahres bescheinigte KanzlerSchröder Hildebrandt, sie habe auf ihre Weise SPD-Geschichtegeschrieben.
Stets sprach die Mutter dreier Kinder offen über ihre Krankheitund machte gleichzeitig anderen Kranken Mut. Anfang des Jahres sorgteHildebrandt für Aufsehen, als sie für ein selbstbestimmtes Sterbenwarb und kritisierte, dass es in Deutschland nicht die Möglichkeitaktiver Sterbehilfe gebe.