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SPD-Kanzlerkandidatur SPD-Kanzlerkandidatur: Torsten Albig sieht Sigmar Gabriel chancenlos

Von Bernhard Honnigfort 24.07.2015, 06:42
SPD-Chef Sigmar Gabriel
SPD-Chef Sigmar Gabriel AP Lizenz

Berlin - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat die Bundestagswahl 2017 für seine Partei aufgegeben und infrage gestellt, ob die SPD überhaupt noch einen Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken sollte.  Er habe keinen Zweifel, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel  das „exzellent machen“ werde, sagte der 52-jährige Albig dem NDR. Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel erledige ihren Job „ganz ausgezeichnet“. Offensichtlich sei sie eine Regierungschefin, wie sie die Deutschen mögen. Albig: „Ich glaube, es ist schwer, gegen diese Kanzlerin eine Wahl zu gewinnen.“

Angesichts der Aussichtslosigkeit, 2017 die Unions-Kanzlerin abzulösen, plädiert Albig für kleinere Brötchen.  Eine Regierungsbeteiligung könne daher auch Wahlziel für seine Partei sein, so Albig. „Ich glaube, jetzt reinzugehen und zu sagen, wir erwarten morgen die absolute Mehrheit, wäre ziemlich bescheuert, das glaubt uns doch kein Mensch." Bis 2017 sei es noch lange hin. „Wäre heute Wahl, dann finde ich, wäre es eine absolute legitime Wahlaussage, dass eine Regierung, an der Sozialdemokraten beteiligt sind, eine bessere Regierung ist als eine, wo die CDU alleine regiert."

Spitzenkandidat, nicht Kanzlerkandidat

Und dafür brauche die SPD trotzdem einen starken Kandidaten. „Ob da die Bezeichnung Kanzlerkandidat noch richtig ist, das werden wir sehen", sagte Albig. „Er ist dann der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, und er sorgt dafür, wie wir das im Augenblick exzellent tun, dass sozialdemokratische Programmatik Gegenstand von vierjähriger Politik in Berlin ist." In der Opposition schöne Programme zu schreiben, die kein Mensch umsetze, sei keine bessere Alternative, so der SPD-Politiker.

Also kein Kanzlerkandidat, sondern eine Art  SPD-Regierungsassistent.  Man müsse das so zur Kenntnis nehmen, meinte Albig, denn es mache ja auch keinen Sinn, „sich da jetzt jeden Tag ein Beißholz zu nehmen und da weinend reinzubeißen."

Aus der Abteilung Beißholz kam sofort Widerspruch. SPD-Bundesvize Ralf Stegner, ein Schleswig-Holsteiner, twitterte: „Stimmen in den meisten Fragen überein - allemal was SH Politik betrifft. Was Kanzlerin Merkel angeht, gilt das nicht!" Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Sönke Rix aus Eckernförde schickte Albig per Twitter eine kurze Belehrung:  „Merkel macht ihren Job als Kanzlerin nicht ausgezeichnet. Und es gäbe mit Sicherheit auch bessere Kanzlerinnen oder Kanzler!"

Kein Kommentar von Sigmar Gabriel

Es ist nicht das erste Mal, dass Albig vom hohen Norden aus seiner Partei Ratschläge in Kanzlerdingen erteilt. Vor zwei Jahren hatte er Peer Steinbrück, dem er lange Jahre im Finanzministerium als Pressesprecher gedient hatte, den Rat gegeben:  „Tu dir das nicht an! Es gibt auch andere Stellen, wo du mit dem, was du kannst und was dich stark macht, unserem Land großartig helfen kannst.“

Während Albig laut und öffentlich über Sinn und Unsinn von Gabriels möglicher Kandidatur nachdenkt, will der SPD-Chef bislang kein Wort darüber verlieren.  Vergangenes Wochenende hatte Gabriel es im Gespräch mit dem ZDF abgelehnt, jetzt schon über die K-Frage zu reden. Für eine Festlegung, mit welchem Kanzlerkandidaten die SPD in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen werde, sei es nach Gabriels Worten  zu früh. Auf die Frage, ob er selbst antreten wolle, antwortete Gabriel, es seien noch nicht mal zwei Jahre der Legislaturperiode vergangen. „Da macht es doch keinen Sinn, jetzt eine Debatte über Kanzlerkandidaturen zu führen."

Seit 2012 regiert Albig in Kiel mit den Grünen und der dänischen Minderheitspartei. In einer Umfrage bekam er gerade bescheinigt, dass  nur noch 37 Prozent der Schleswig-Holsteiner mit ihm und seiner Arbeit zufrieden sind. Auf einer Liste der beliebtesten deutschen Ministerpräsidenten steht er auf dem drittletzten Platz. Über die Freuden der SPD, bei Kanzlerin Merkel als kleiner Koalitionspartner mitregieren zu dürfen, äußerte er sich noch vor einem Monat deutlich weniger euphorisch:  „Ich bin ein großer Anhänger von Provinz“, zitierte der NDR den Ministerpräsidenten im Juni. „Es ist unendlich viel beglückender, in Schleswig-Holstein umfassend Politik machen zu können als in einem Kabinett Merkel Fachminister zu sein und irgendwie nichts machen zu können, was der großen Chefin nicht gefällt."