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Spahn reformiert Notfallversorgung Spahn reformiert Notfallversorgung: Was das für die Patienten bedeutet

22.07.2019, 22:14
Nur bei lebensbedrohlichen Situationen soll die Notaufnahme aufgesucht werden.
Nur bei lebensbedrohlichen Situationen soll die Notaufnahme aufgesucht werden. dpa

Berlin - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat einen Gesetzentwurf präsentiert mit dem Ziel, die Notaufnahmen zu entlasten. Markus Decker erläutert, was das für die Bürger bedeutet.

Was ist genau geplant?

Spahn sagte am Montag, derzeit seien die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu häufig zu überlaufen. Das hänge unter anderem damit zusammen, dass dort Patienten seien, denen an anderer Stelle besser und schneller geholfen werden könne. Nach dem Willen des Ministers sollen künftig Notfall-Leitstellen für Abhilfe sorgen: Deren Mitarbeiter ermitteln zunächst, ob dem Anrufer im Krankenhaus oder bei einem ambulanten Arzt am besten geholfen werden kann. Die Stellen sollen von Ländern, Kommunen und Kassenärztlicher Vereinigung eingerichtet und unter den Telefonnummern 112 und 116 117 erreichbar sein. Damit werden die Nummer für den Rettungsdienst und die Nummer für die Terminservicestellen der niedergelassenen Ärzte faktisch zusammengeschaltet.

Was bedeutet das für die Bürger?

Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen sollten die 112 anrufen oder eine Notaufnahme aufsuchen. Dazu zählen schwere Verletzungen, Atemnot oder heftige Brust- oder Herzschmerzen. Bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden sollten die Menschen hingegen den ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren. Der hat die Nummer 116 117 und ist laut Ministerium die richtige Adresse etwa bei Brechdurchfall, Fieber oder starken Bauchschmerzen. Organisiert wird die medizinische Hilfe hinter der Nummer von den Kassenärztlichen Vereinigungen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Kassen- und Privatpatienten?

Nein. Der ärztliche Bereitschaftsdienst betreut sowohl Kassen- als auch Privatpatienten, wie die Verbraucherzentralen erklärten. Die Kosten der Behandlung werden demnach von den Krankenkassen übernommen. In einigen Regionen gibt es darüber hinaus einen kinderärztlichen oder einen augenärztlichen Bereitschaftsdienst. Auch darüber informiert im Zweifelsfall die 116 117.

Was ist noch geplant?

Zugleich sollen bei einem Rettungseinsatz künftig die Versorgung vor Ort und die eventuell darauf folgende Rettungsfahrt getrennt voneinander vergütet werden. Spahn wies darauf hin, dass die Vorortversorgung derzeit nur dann vergütet werde, wenn der Patient anschließend zum Krankenhaus gefahren werde. Zudem sollen an Krankenhäusern spezielle Notfallzentren eingerichtet werden, in denen Patienten je nach Schwere ihrer Erkrankung entweder in eine stationäre oder eine ambulante Behandlung kommen.

Wie sind die Reaktionen?

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wies darauf hin, dass Patienten oft auch dann ins Krankenhaus gingen, wenn niedergelassene Ärzte nicht erreichbar seien. Stiftungsvorstand Eugen Brysch erklärte, dass 57 Prozent der Patienten in Berlin vor dem Gang in die Notaufnahmen vergeblich Hilfe bei einem Arzt gesucht hätten – und das bereits zu den üblichen Öffnungszeiten. Es bestehe daher weiter dringender Handlungsbedarf bei den ärztlichen Bereitschaftsdiensten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der MZ: „Die Reform ist grundsätzlich dringend notwendig.“ Sie sorge für eine kostengünstigere, schnellere und bessere Versorgung.

Ab wann gelten die Änderungen?

Die Reform muss von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Das könnte bis Ende des Jahres geschehen. Sollte es Widerstände geben, würde es noch länger dauern. (mz)